Es gibt Gadgets, die sollte es nicht geben. In meinen Augen zählt die Game Boy Camera dazu. 1998 erblickte das Graufstufenobjektiv das Licht der Konsumentenwelt. Ich lehne mich nicht wirklich weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass meine Meinung selbst dann nicht anders ausfallen würde, wenn man mich in eine Zeitmaschine setzte und die Zeiger 10 Jahre zurückdrehte.
Die Game Boy Camera, die in Japan als Pocket Camera auf den Markt kam bietet beschränkte Möglichkeiten, von denen allerdings offenbar doch einige Verbraucher angetan waren. Das gute Stück auf dem Bild ersteigerte ich nicht zielgerichtet, wohl aber in einer Auktion zusammen mit einem klassischen Game Boy (in gelb) und einer Handvoll Spiele.
Wollte ich das Gadget wieder verkaufen, ich würde wahrscheinlich nicht mehr so viel Geld dafür bekommen, also entschied ich, es zunächst zu fotografieren und gut eingepackt als Sammlerstück einzumotten. Wer weiß, wann man später einmal die Gelegenheit dazu haben wird, vor staunendem Publikum derlei ausgefallenes Stück Handheld-Peripherie zu zeigen.
Die Game Boy Camera wird anstelle eines normalen Spiels in den hinteren Cartridge (dt. Steckmodul) Einschub (engl. Slot) geschoben. Das kugelförmige Auge lässt sich um 180 Grad horizontal drehen. Man kann es also mit der Linse entweder zu sich hin richten oder von sich weg drehen. Die Aufnahmen sind…? Nun, wie soll ich es ausdrücken… quasi atemberaubend. Und dennoch gibt es Leute, die damit künstlerische Fotos zu produzieren versuchen. Bilderalben gibt es im Netz zuhauf. Und wegen meiner langjährigen Interneterfahrung wundert mich das schon gar nicht. Jeremiah Jamison, auch bekannt als Nullsleep hat einige Aufnahmen auf seinen Seiten (engl.) veröffentlicht. Ebenfalls eine „Game Boy Camera“-Galerie hat Dragan Espenschied ins Netz gestellt.
Es gibt sogar solche, die auf nicht gerade einfach Art versuchen, mit ihrer Game Boy Camera „Farbfotos“ zu schießen: In der Theorie stellt es sich wohl so dar, dass ein Farbbild sich aus drei s/w-Bildern zusammensetzen kann. Die drei s/w-Bilder repräsentieren jeweils die rote, die grüne und die blaue Farbe. David Friedman erklärt (in Englisch), wie er es angestellt hat.
Über seltsame Ebay-Erfahrungen habe ich ja bereits gesprochen. Der folgende kleine Exkurs muss aber an dieser Stelle eingeschoben werden. Immerhin geht es auch um das Privatleben anderer Menschen, die den Exhibitionismus mögen. Ich nenne keine Namen, auch wenn der Inhalt des Game Boy Camera-Steckmoduls, das ich ersteigerte mir einiges über den Vorbesitzer verriet. Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass ich gebrauchte Elektrogeräte oder Computerteile im weitesten Sinne erworben hab und auf ihnen Hinweise über die Vorbesitzer fand. Würdet ihr eine Festplatte bei eBay versteigern, auf denen eure Familienfotos drauf sind? Würdet ihr ein Mobiltelefon verkaufen, auf dem Adressen und Telefonnummern von Freunden gespeichert sind? Offenbar gibt es nicht nur solche, sondern auch pubertierende Jungs, die 2-Bit-Fotos in einer Auflösung von 128 mal 112 Pixeln in 4 Graustufen von ihrer Freundin schießen, davon, wie sie den Mittelfinger zur Geste vor sich halten – und die sogar „Wichsbilder“ in den Speicher einer MGB-006 laden.
Natürlich bot die Game Boy Camera einige Minispiele, die zum Teil gar nicht wirklich selbsterklärend sind – weshalb man sie nicht spielen kann, ohne die Anleitung zu besitzen. Da ich das gute Stück allerdings ohne Anleitung zugeschickt bekam, war ich vom im-Nebel-Stochern nach einer Weile gelangweilt.
Neben diversen Minispielchen konnte man mit einem weiteren Gadget, dem Game Boy Printer, die selbst geschossenen „Fotos“ sogar ausdrucken. Wenn das nicht mal eine Anleitung zur Ressourcenverschwendung gewesen ist. Und ansonsten? Falls jemand mal ein paar Aufnahmen von einer Game Boy Camera (oder überhaupt von diversen Handhelds) benötigt – meine Sammlung fängt gerade erst an, zu gedeihen.
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