Autor:  24.06.2008, letztes Update: 07.06.2018

Das 68 Prozent-Trauma von Alone in the Dark

Alone in the Dark - Screenshot
Alone in the Dark - Screenshot

Abmahnung wegen schlechtem Test. Das Spielemagazin „4Players“ sieht sich einem Konflikt mit dem Publisher von Alone in the Dark, Atari, ausgesetzt. Es geht dabei um mehr als juristische Formalitäten. Die Pressefreiheit steht auf dem Spiel.

68 Prozent sind Atari eine Abmahnung wert

68 Prozent. Das klingt wie gut gemeint, aber schlecht gemacht. In der Schule gäbe es dafür die Note 4, ausreichend.

„Ballern, rasen, klettern, knobeln, brennen – alles ist in diesem Spiel drin, nur Horror und Nervenkitzel nicht“, sagt Jörg Luibl, ein junger Mann mit Zopf, und einem Hang zum norwegischen Mittelalter. Luibl ist Chefredakteur von 4Players. Das Online-Magazin gehört zu den Meinungsführern in Deutschland wenn es um Computerspiel geht.

„Die große Stärke der Vielfalt wird von der großen Schwäche der Sprachausgabe überschattet.“ Schwäche. 68 Prozent. Alone in the Dark, das Action-Adventure von Atari, schneidet nicht gerade gut bei Jörg Luibl ab. Die PC Games vergab immerhin 80 Prozent. 4Players war schon immer dafür bekannt, einen Tick kritischer zu sein als die anderen.

Post vom Rechtanwalt

Alles normal also. Atari sieht das gleichwohl etwas anders. Doch dass Jörg Luibl kurze Zeit nach der Veröffentlichung seines Testberichtes Post von einem Rechtsanwalt erhält, war dann doch etwas unwirklich. „Mit diesem ‚Test‘ verstoßen Sie gegen geltendes Recht und verletzen die Rechte unserer Mandantin“, heißt es im Juristendeutsch.

Der Anwalt spekuliert außerdem, Luibl hätte anhand einer Vorabversion getestet, die die Redaktionen meist für das Schreiben von Previews erhalten, oder sich das Spiel gleich (illegal) aus dem Internet heruntergeladen.

Standards missachtet?

Doch nicht genug, der Rechtsanwalt zweifelt zudem am Grundsätzlichen: „Gleichzeitig missachten Sie die Standards, die für Warentests gelten. Warentests müssen nämlich objektive und sachkundige Untersuchungen zugrunde liegen.“

Das muss Jörg Luibl schmerzen, der bereits Ende 2006 für die Pressefreiheit eintrat. Damals rief seine Redaktion den „kritischen Herbst“ aus, in dem die Missstände innerhalb der Spielebranche auf den Tisch gelegt wurden. „Die Branche muss viel öfter deutliche kritische Stoppzeichen setzen“, sagte er damals im Gespräch mit IchSpiele. „Bisher hat sich die deutsche Spielebranche nicht kritisch genug mit den faulen Kompromissen im Hintergrund auseinander gesetzt.“ Schon vor zwei Jahren stand Jörg Luibl bereits im Konflikt mit Publishern, die ihm aufgrund einer schlechten Bewertung damit drohten, zukünftig darauf zu verzichten, die für Magazine wie 4Players überlebenswichtigen Werbekampagnen zu schalten.

Finanzieller Druck

Jenes Spiel wiederholte sich auch dieses Mal: Schon nachdem 4Players eine Vorschau zu Alone in the Dark mit dem Eindruck „befriedigend“ schrieb, kündigte Atari die geplante Werbekampagne. „Das ist ihr gutes Recht“, sagt Luibl dazu. Dass es anders gehe, bewiesen allerdings die Mitbewerber von Atari, wie etwa Ubisoft, die trotz einer miesen Bewertung von Haze weiterhin normal und professionell an einer Zusammenarbeit Interesse hätten.

Gleiches wünscht sich der Chefredakteur von Atari – trotz des Vorfalles: „Sobald sich Atari juristisch zurückzieht und die Anschuldigungen zurücknimmt, ist die Sache für uns erledigt.“ Man erwarte vom Publisher die Testexemplare, „wir testen ihre Spiele“. Klingt logisch.

Seiner Linie treu bleiben, das hat sich Jörg Luibl für die Zukunft vorgenommen. Andere Spielejournalisten pflichten ihm bei. Was empfiehlt Jörg Luibl der Spielebranche, um zukünftig derartige Fälle zu vermeiden? „Über die Missstände schreiben. Klar und deutlich. Immer wieder.“ Mindestens, bis zu den nächsten 68 Prozent.

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