Tommy Forslund von Polarbit im Interview. Das Smartphone als Gaming-Plattform gehört nicht mehr in die Schmuddelecke. Da ist sich unser Interview-Partner Tommy Forslund sicher. Mehr und mehr verschwimmen die Grenzen zwischen Mobile und Handheld. Auch aus diesem Grund entwickelt sein Studio Spiele für Apples iPhone.
Jeder spricht über das iPhone und den iPod touch. Apple hat mit seinem Smartphone einen großen Wurf gelandet. Doch wie kommt das Gerät als Gaming-Plattform an? Mittlerweile gibt es einen App Store und die Software ist nicht mehr nur versierten Nutzern vorenthalten.
Zusammen mit dem iPhone 3G hat Apple den App Store eingeführt. Mit wenigen Klicks können Nutzer darüber Apps für ihr Apple-Smartphone kaufen. Seitdem finden sich viele etablierte Firmen mit eigenen Produkten darin: EA, Sega, Atari, Lucas Arts, THQ und andere mehr statten das iPhone mit namhaften Spielen. Da sind zum Beispiel Spore, Super Monkey Ball, de Blob, Star Wars: The Force Unleashed und so fort.
In jedem Fall wird deutlich, das Gerät kann was. Die Leistung des aktuellen iPhone wird irgendwo zwischen PlayStation Portable und erster Xbox verortet. Dazu kommen Funktionen, die neu und interessant sind, wie der Beschleunigungssensor (Accelerometer) und der Touchscreen.
Unser Gesprächspartner Tommy Forslund ist Mitarbeiter bei Polarbit. Die Spieleschmiede hat bereits erfolgreich für das iPhone entwickelt. Für Vivendi durfte die Firma ein Kart-Rennspiel zum Franchise „Crash Bandicoot“ produzieren. Nun wagen die Entwickler den Sprung in den App Store mit einem ersten eigenen Spiel: Raging Thunder.
Damit versucht Polarbit möglichst viel aus dem iPhone herauszukitzeln. Tatsächlich bietet das Rennspiel butterweiche Steuerung, 3D-Grafik, die man bei vielen anderen Spielen vergeblich sucht, und das Gefühl, nicht nur ein Casual Game zu spielen.
Wenn Ihr Raging Thunder schon kennt, wird Euch unsere Einschätzung nicht verwundern. Wir gehen sogar soweit, zu sagen, dass es momentan den Ton angibt unter den Rennspielen fürs iPhone. Aber Electronic Arts möchte Need for Speed ins Rennen schicken. Vielleicht ändert sich der Anspruch dann.
Interessant ist das Spiel auch deshalb, weil es neben einem Einzel- einen Mehrspielermodus gibt. Im WLAN könnt Ihr mit bis zu drei Freunden gleichzeitig auf die Piste gehen. Das Linkkabel vom Game Boy hat ausgedient.
Raging Thunder ist nicht etwa eine Simulation, sondern Arcade. Ihr könnt Einzelrennen und Zeitfahren absolvieren. Oder Ihr bestreitet eine Meisterschaft. Zu Beginn Eurer Karriere erhaltet Ihr einen Rennwagen. Habt Ihr das nötige Kleingeld, könnt Ihr den Anfangsboliden gegen einen besseren eintauschen. Ihr könnt währenddessen die Straßenlage, Geschwindigkeit und Beschleunigung Eures Rennwagens verbessern.
Auf der Strecke findet Ihr Nitro und könnt es auch kaufen. Es verschafft Euch einen Geschwindigkeitsvorteil. Geld sammelt Ihr genauso auf der Strecke ein. Vermeidet aber die Totenköpfe. Sie verlangsamen Euch temporär.
Das Fazit von Tommy Forslund fällt differenzierter aus. Erfahrt im Interview, ob Polarbit vielleicht noch mehr Spiele mit Crash Bandicoot plant und worauf wir uns freuen können. Wichtig ist auch die Diskussion darüber, ob das iPhone ein vollwertiger Handheld ist, oder nicht.
Polarbit entwickelte den Franchise-Titel „Crash Bandicoot Nitro Cart 3d“. Wie fühlte es sich an, ein Spiel mit einem weltweit bekannten Franchise wie „Crash Bandicoot“ zu entwickeln? Glaubst Du, dass Crash genauso bekannt geworden ist über die Jahre wie Super Mario oder Sonic?
Es hat sehr viel Spaß gemacht, an einer alteingesessenen und geliebten IP wie Crash mit einem großen Publisher wie Vivendi zu arbeiten. Man beachte die große Vielfalt an früheren Franchise-Titeln (Fifa 06, Tiger Woods 07, u.a.m., Anmerkung d. Red.), die alle zusammen eine interessante Herausforderung mit sich brachten.An Marios Berühmtheit kommt niemand so einfach heran. Er ist schon fast 30 Jahre auf dem Markt und ist zu einer Art Maskottchen oder Sprecher für den größten Konsolenhersteller in der Geschichte geworden. Abgesehen von Mario und vielleicht noch Lara Croft, denke ich, dass Crash in puncto Wiedererkennungswert gut mit den meisten Videospielhelden mithalten kann.
Wird Polarbit denn weitere Franchise-Titel mit Crash für das iPhone entwickeln?
Dazu können wir momentan noch nichts sagen. Das wird sich zeigen.
Nintendo traf die Entscheidung, nicht mit anderen Konsolenherstellern in einen Wettstreit zu treten. Im Gegenteil haben sie einen Weg gewählt, der den Pfad für Casual Games in der gesamt Videospielbranche verbreiterte. Glaubst Du, das iPhone ist prädestiniert, Schritte in die gleiche Richtung zu gehen? Oder bietet es auch Kapazitäten für Hardcoregamer?
Ich denke, das haben alleine die Spieleentwickler zu entscheiden. Handheld- und Mobile-Gaming ist im Allgemeinen notwendigerweise auf den Casual-Bereich gerichtet – der Anteil an Hardcoregamern vom Kundenstamm ist nur ein geringer Prozentsatz. Trotzdem ist sicher Raum für „Hardcore“-Titel vorhanden. Selbst wenn es viele Puzzlespiele u.ä. geben wird, werden wir First Person Shooter, Strategie- und Rollenspiel-Titel erleben, wenn die Platform reift.
Wir hätten die Frage auch anders formulieren können: Glaubst Du, das iPhone ist eher ein Handheld oder ein Mobile?
Es ist in erster Linie ein Mobile – aber die Grenze zwischen beiden Konzepten verschwimmt zusehends. Deshalb gibt es keinen Grund, warum es nicht beides sein könnte. Das Gerät könnte sogar ein Media Player, eine Kamera usw. sein. Die Gerätekonvergenz ist zu einem Trend geworden, der so bald nicht enden wird.
Welche Spiele würdest du gerne für das iPhone entwickeln? Lieber Harcore oder Casual Games?
Die Entwickler von mobilen Spielen tendieren eindeutig zum Hardcore. Nichtsdestotrotz fühlen wir uns auch dazu verpflichtet, Spiele für normale Nutzer zu entwickeln und uns dabei nicht auf einen bestimmten Spielerhintergund zu beschränken. Jedes Spiel muss eine Herausforderung für den Spieler darstellen, darf aber dabei nicht so frustrierend für ihn werden, dass er sich über mangelnde Entwicklung im Spiel beklagen könnte.Das ist die große Herausforderung, der man sich zu stellen hat, wenn man Spiele für mobile Geräte entwickelt, da der potentielle Kundenstamm a) sehr groß und b) sehr vielfältig ist. Wie könnten wir z.B. ein Spiel gestalten, dass sowohl meiner Mutter gefällt, die bisher selbst nur ein paar einfache Geduldspiele gespielt hat sowie meinem Neffen, der quasi mit einem X-Box-Controller in der Hand geboren wurde?
Vorsichtig formuliert: Apples Anweisungen für App Store-Entwickler – was sie dürfen und was nicht – sind irgendwie konservativ. Habt ihr irgendwann Probleme mit euren Spielen gehabt? Musstet ihr sie eventuell vor Veröffentlichung noch verändern?
Nein. Apple hat für einen Anbieter von mobiler Software eine sehr offene Einstellung bzgl. Inhalt und Screening der Spiele. Ich weiß, dass es Einwände von Entwicklern gab. Diese bezogen sich aber weniger auf den Inhalt oder das Thema der Spiele als vielmehr auf deren Funktionalität.
Ist der Beschleunigungssensor im iPhone eher ein Segen oder ein Fluch – was glaubst Du?
Jedes gut integrierte, funktionale Feature ist ein Vorteil, und der Beschleunigungssensor im iPhone ist qualitativ und designtechnisch sehr interessant. Als erfahrene Spieleentwickler sind wir daran gewöhnt, mit Geräten mit verschiedenen Kontrollmechanismen und Layouts zu arbeiten. Auf dem Mobile-Markt ist das Gang und Gäbe. Das muss man einfach akzeptieren.
Und glaubst du außerdem, dass das Entwickeln für das iPhone ein lukratives Geschäft darstellt? Wieviel Bedeutung misst du dem iPhone und dem App Store ganz generell bei?
Der App Store steht noch ganz am Anfang. Wir sind der Meinung, dass in ihm noch viel Potential steckt und dass er viele Möglichkeiten für unabhängige Entwickler bietet.
In der Vergangenheit habt ihr viele Rennspiele programmiert. Welche Art von Spiel dürfen wir als nächstes von euch erwarten?
Wir arbeiten gerade an zwei Spielen für das iPhone: „Wave Blazer“, ein Rennboot-Spiel und „Armageddon Squadron“, ein Arcade-Flugsimulator/Shoot’em-up. Beide Spiele eignen sich sehr gut für das iPhone, da sie unter anderem auch mit Beschleunigungssensor, Touchscreen und Funknetzwerk arbeiten. Auf jeden Fall wollen wir eine „Remote Multiplayer“-Funktion einbauen.
Wir danken Tommy Forslund für das Interview.
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