Es gibt nur selten Spiele, die fast geschlossen die Aufmerksamkeit der Gäste einer Messe auf sich ziehen. Poisonville ist ein solches Spiel – die gesamte GCO redete davon. Warum das so ist, erfahrt ihr hier.
Den Vergleich muss sich Poisonville gefallen lassen – und erfreulicherweise streiten es die Verantwortlichen auch überhaupt nicht ab – es ist im Prinzip ein GTA-Nachbau. Nach vielen Jahren kehrt der Protagonist zurück in die fiktive US-Stadt Poisonville. Als er das letzte Mal dort war, hat er einigen Dreck am Stecken gehabt und so kommt es, dass ihn zum Zeitpunkt des Spielbeginns niemand, eingeschlossen der rivalisierenden Gangs, leiden kann. Respekt muss sich erarbeitet werden. Während das Was an GTA: San Andreas erinnert (genauso wie der größte Teil des restlichen Settings), ist das Wie eher an GTA2 angelehnt. Anders sei das bei einem Massively Multiplayer-Spiel nicht zu machen. Der Spieler sucht sich eine Gang aus, für die er arbeiten möchte. Je mehr er jener Gang Gutes tut, desto höher steigt sein Ansehen.
Christian Godorr von BigPoint erklärte, dass das Spiel vieles mit den Inspiratoren gemein hat. So sei das Gameplay stark an GTA angelehnt, doch auch Elemente anderer Titel kommen hinzu. Die Anpassbarkeit habe man sich bei Saints Row und WoW ausgeliehen und erweitert. Der Spieler kann seinen Charakter gestalten wie es ihm gefällt. Er kann ihn einkleiden, aber auch biologische Fakten wie Statur und Hautfarbe ändern. Weitergetrieben wird der Gedanke von der Community. Selbige soll beim Spielen entscheiden, wie sich die Stadt entwickeln wird. Wie genau das aussehen soll, wird aber noch unter Verschluss gehalten.
Poisonville wird in Bezirke geteilt, die von insgesamt vier verschiedenen Gangs bewacht werden. In der Mitte der Stadt befindet sich ein nahezu reiner Player-vs-Player-Bereich. Dort ist die Polizei etwas nachlässiger bei der Arbeit, um die Balance nicht zu gefährden, „denn irgendwo müssen sich die Spieler auch mal austoben können“. Je weiter es in Richtung Außengrenze geht, desto schwerer sollen die Wachen zu besiegen sein. So ähnlich wird das Erobern von fremden Territorien vermieden. In Anlehnung an WoW können fremde Territorien vermutlich nicht den Herrscher wechseln, und wenn dann nicht lange.
Hersteller BigPoint ist bekannt für Browserspiele. Viele von Ihnen kennen sicher die Spiele Seafight und Dark Orbit; sie sind in der TV-Werbung allgegenwärtig. Creative Director von Poisonville ist übrigens Matthias Beele, der bereits die genannten Spiele entwarf. Um mit dieser Tradition nicht zu brechen, wurde Poisonville in der Programmiersprache Java geschrieben und ist damit unabhängig von der Plattform, auf der es laufen soll. Faktisch alle Systeme, für die es eine Java-Runtime und eine OpenGL-fähige Grafikkarte (nebst Treiber) gibt, werden unterstützt. Das schließt auch Betriebssysteme ein, die sonst weniger für ihre Spieltauglichkeit bekannt sind wie Linux, Mac OS X und theoretisch sogar das angestaubte OS/2.
Ziel der Entwicklung war es, nicht wie sonst mit Browserspielen Casual-, sondern Core-Gamer anzusprechen. Es sollen Interessenten ihren Spaß haben, die normalerweise Konsolenspiele spielen, beispielsweise das „Original“: Grand Theft Auto. Mithilfe der Java-Plattform und der Grafikschnittstelle OpenGL entstand so ein Spiel, das aussieht wie ein ansehnliches PlayStation-2-Spiel. Der GTA-Vergleiche genüge getan, sei die Anmerkung, dass die Engine Bilder wie aus GTA3 auf den Bildschirm zaubert.
Auf dynamische Schatten und sonstige Partikeleffekte müssen Spieler dennoch nicht verzichten. Beides ist sogar in der momentan aktuellen Technologie-Demo implementiert.
Jeder sollte alles über jeden wissen. Eine genaue Definition des Web 2.0 gibt es zwar nicht, trotzdem reden alle darüber. Diesem Umstand soll Poisonville Tribut zollen: Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter sollen implementiert werden, sodass Freunde immer bescheid wissen, wo in Poisonville Streit droht.
Ziel der seit eineinhalb Jahren stattfindenden Arbeiten an Poisonville ist es, dass wirklich jeder spielen kann. Das bezieht sich auf die technische Seite, weshalb Java verwendet wird, genauso wie auf die Hardware der Spieler. Die Entwicklung fände derzeit auf einem schwachen Dual-Core-Prozessor mit einer 40-Euro-ATI-Grafikkarte statt (wir vermuten etwa eine Radeon 3450, Anm. Red.). Möglich sei das Spielen vermutlich schon mit einem stärkeren Single-Core-Prozessor, ob das in der Praxis zutrifft, soll erst der Beta-Test zeigen, der im vierten Quartal starten soll.
Die Altersfreigabe wird mit 16 Jahren angepeilt. Bereits während der Entwicklung finden Gespräche mit der USK statt, um zu klären, was getan werden sollte, um dieses Ziel zu erreichen. Auf Blutdarstellungen wird deshalb verzichtet.
Die Internetverbindung soll keine Hürde darstellen. Der erste Download soll um die 10 MBytes fassen. Ist er überwunden, so wird eine ISDN-Verbindung für ein flüssiges Spiel ausreichen. Das liegt daran, dass die Darstellung komplett auf dem Client, sprich auf dem lokalen Rechner, stattfindet und außer dem Nachladen von Karten-Daten nur die Spiel-Koordinaten über die Leitung wandern.
Das allgemeine Geschäftsmodell von BigPoint sieht vor, dass jeder ihre Spiele kostenlos spielen kann. Daran wird Poisonville nichts ändern. Es sei aber möglich, Arbeit im Spiel durch „Spenden“ zu sparen. Wer dies nicht möchte, wird dadurch jedoch keine spielerischen Nachteile erfahren – nur länger zu spielen haben.
Letztlich ist das virtuelle Geld in Poisonville das Wichtigste. Verdienen kann der Spieler das Geld, das er in Munition, Waffen, Kleidung und sonstige Güter umsetzen kann, vor allem durch Missionen, die er bei Gangster-Bossen bekommt. Neben diesen Missionen soll es Mini-Spiele geben, die aus den Vorbildern bekannt sind, etwa Taxi-Fahrten. Wer also keine Lust auf gewaltige Ganster-Action hat, kann seine Brötchen auch mit Dienstleistungen verdienen. Einen weiteren Weg stellt der „Kauf“ von Geld im Spiel dar. Etwa per Premium-SMS kann das Konto des Spielers erhöht werden. Reale Käufe sind und bleiben aber freiwillig. Wer nichts mit echtem Geld kaufen möchte, muss sich das virtuelle Geld erarbeiten durch Spielen, erleidet aber keinen Nachteil dadurch. Spezielle Items, die es nur käuflich zu erwerben gibt, soll es nicht geben.
Der Tag- / Nacht-Rhythmus ist bereits im Spiel vorhanden, verschiedene Wetter-Situationen momentan in Entwicklung. Was BigPoint mit Poisonville von anderen Spielen abheben möchte, sollen verschiedene Jahreszeiten sein. Ob beispielsweise der Winter für glatte Straßen sorgt, ist noch nicht entschieden. Denkbar wäre dies aber – hierfür soll der Beta-Test herhalten.
BigPoint sieht vor, pro Server um die 5.000 Spieler spielen zu lassen. Wie groß dieser Wert am Ende wird, wird noch experimentell ermittelt, da er sich nicht simulieren lässt. Doch was ist, wenn – hypothetisch gefragt – niemand online ist? Dann übernehmen Bots, im Spiel NPCs (Non-Player-Charakters) diese Rolle. Kommen mehr Menschen online, verschwinden NPCs wieder, sodass die Größe der Bevölkerung etwa gleich bleibt. Der Spieler wird jedenfalls nie allein sein. Durch die zusätzlichen Aufgaben, denen er sich annehmen kann, wird es nie langweilig. Ähnlich wie in Second Life soll es möglich sein, mit dem Charakter ein echtes Leben nachzuspielen. So kann er, von Mini-Games wie dem Taxi-Fahren abgesehen, in einem Laden arbeiten. Was allerdings von einer richtigen Lebenssimulation unterscheidet, sind „Needs“ wie Essen oder Schlafen. Damit möchten die Macher den Spieler nicht gängeln.
Gesagt sei an dieser Stelle, dass Poisonville auf jeden Fall von technischer Seite aus betrachtet ein ganz großes Stück Software wird. Doch auch inhaltlich weiß es zu gefallen, wenn der Hersteller seine Vorstellungen in die Realität umsetzt. Wir jedenfalls sind gespannt und räumen dem Titel das Prädikat „sehr gut“ ein. Da es kostenlos zu spielen sein wird, sollte es sich niemand nehmen lassen, Poisonville eine Chance zu geben, wenn die Public Beta startet.