Autor:  01.11.2008, letztes Update: 02.07.2020

Max Scharl von redspotgames im Interview: Wir müssen hart darum kämpfen…

Wind and Water: Puzzle Battles
Wind and Water: Puzzle Battles

Neue Spiele für die Dreamcast? redspotgames machen es möglich. Max Scharl vom Publisher aus München und die Programmierer von Yuan Works standen uns Rede und Antwort, wie „retro“ ihre Arbeit eigentlich ist.

Retrogaming ist im Aufwind. Auch auf der Games Convention in Leipzig gab es einen Bereich, der sich ausschließlich mit Konsolen und Spielen der älteren Generation auseinander setzte, aber nicht nur. Dort lernten wir redspotgames kennen. Das Unternehmen aus Deutschland ist ebenfalls im Bereich Retro tätig, nur anders. Denn redspotgames produzieren und entwickeln komplett neue Spiele für SEGAs Dreamcast. Und das mit wachsendem Erfolg und Anerkennung. Vor kurzem veröffentlichte man den Titel Wind and Water. Max Scharl, von redspotgames und die Programmierer von Yuan Works standen uns Rede und Antwort, wie retro ihre Arbeit eigentlich ist.

 Alexander Trust:
Retro ist im Moment in. Ist das ein Grund, warum redspotgames sich anschickt, Spiele für das Dreamcast zu produzieren?
 Max Scharl:
Also, wir machen Spiele, die wir auch selbst gerne zocken und sich aus unserer Leidenschaft heraus entwickeln. Ich denke nicht, dass wir etwas darauf geben was derzeit in ist oder nicht.

Natürlich ist es schön, dass es immer mehr Retro-Begeisterte gibt und es besonders in den letzten Jahren zugenommen hat. Mit Mega Man 9 von Capcom hat erstmals eine feste Größe in der Videospielebranche den Schritt gewagt und auch neue Spiele im alten Gewand entwickelt. Wirklich cool zu sehen, aber ob das nun zum Trend wird oder nicht, beeinflusst uns nicht wirklich.

Kann man mit dem Verfertigen von Spielen für Konsolen aus den 90ern Geld verdienen?
Kann man, muss man aber nicht.

Es ist immer eine sehr schmale Spagat-Wanderung zwischen sinnvoller Investition und möglichem Umsatz. Wir müssen uns schon zwei Mal überlegen, wo und wie wir unsere Produkute zum Beispiel bewerben und wie weit wir mit der Verpackungsgestaltung gehen können, damit der Preis nicht die Käufer sogar abschreckt.

Im Endeffekt ist natürlich das, was man durch Dreamcast-Spiele einnimmt, überhaupt nicht vergleichbar mit aktuellen Konsolen oder Handhelds. Wir müssen hart darum kämpfen überhaupt ins Plus zu wandern.

Warum betreibt redspotgames so einen enormen Aufwand, um eine Konsole, die selbst vom Hersteller nicht mehr mit Software versorgt wird?
Weil es für uns nicht von Belang ist, ob ein Hersteller die Konsole noch unterstützt oder nicht. Spielspaß erleben wir doch unabhängig von der Plattform oder dem Spiel, ist es nicht so? Ich für meinen Teil finde es schade, dass neue Spiele immer „größer, schöner, schneller“ sein müssen und die Generationen im 5-Jahres-Zyklus ausgetauscht werden. Genres wie Click’n’Point-Adventures, Shoot ‚em Ups oder Beat ‚em Ups haben durch die „Dreidimensionalisierung“ ziemlich gelitten. Ebenso wie der Flair. Ein 3D-Spiel kann nicht unbedingt den Stil und das Gefühl eines gut gepixelten 2D-Games aufnehmen.

Es geht uns einfach darum über den Tellerrand zu blicken, Plattformen zu unterstützen, auf denen noch viele Menschen Spaß haben können und auch noch haben. Wir sind nicht derart in das Videospiel-Business eingeflochten, als müssten wir unbedingt immer die verkaufsfördernde Maßnahmen ergreifen, aktuellen Trends hinterherspringen oder immer die verkaufstechnisch beste Plattform wählen.

Unsere Veröffentlichungen haben viel mit Leidenschaft und Herzblut zu tun. Und es ist auch ein Statement.

Hat redspotgames einen tiefergehenden Bezug zur Dreamcast, oder warum entwickelt ihr gerade Spiele für diese Konsole?
Natürlich, redspotgames entwickelte sich aus der Indie-Szene des Dreamcast heraus. Zusätzlich hat es noch immer eine ziemlich starke Fanbase.
Wir haben uns an SEGA gewandt und sie danach gefragt, wie sie euer Engagement einschätzen. Fabian Döhla, Senior PR von SEGA Germany hat dazu folgendes gesagt:
„Wir freuen uns, wenn auch nach Produktionsende von einer unserer Konsolen noch Fanprojekte entstehen – die die Hardware am Leben halten und für Fans attraktiv macht. Selbst für ältere Formate wie das SEGA Mega CD entstehen noch ab und an neue Projekte. Dies zeigt, dass SEGA und die SEGA-Hardware bei seinen Fans sehr beliebt ist.“
SEGA
Sieht Red Spot Games sich wirklich nur als Fanprojekt, oder enttäuscht euch dieses Statement?
(lacht) Das Statement von Fabian enttäuscht überhaupt nicht, es macht mich sogar ziemlich happy. Das hätte ich mir nie träumen lassen, dass wir von offizieller Seite so ein cooles Statement erhalten.

Als „Fanprojekt“ würde ich es allerdings nicht bezeichnen, ich sehe uns mehr als „Indie-Publisher“.

Im Folgenden ein paar Fragen an die Entwickler von Yuan Works: Wie fühlt es sich an, Spiele für eine Konsole zu entwickeln, die nicht länger von ihrem Hersteller unterstützt wird?
 Yuan Works:
Es fühlt sich nicht anders an, als für andere Konsolen zu entwickeln (lacht). Als wir Kinder waren, waren wir immer sehr froh darüber, wenn ein Spiel spät in einem Konsolen leben erschien, wie zum Beispiel beim Super Famicom (SNES). Es war dann mehr noch ein Tribut als ein rein kommerzielles Projekt. Nun sind wir es, die allen eingefleischten Dreamcast-Fans diesen Gefallen tun, indem wir ein ganz neues Spiel für die Konsole herausbringen!
Welches Spiel steht als nächstes in den Startlöchern, nachdem Wind and Water fertiggestellt wurde?
Wir haben immer viele Projekte zur Auswahl, an denen wir arbeiten könnten. Für unser nächstes Spiel würden wir allerdings gerne ein Action/Exploration-Game (wie 2D Metroid) entwickeln, mit vielen unserer ungewöhnlichen Ideen, um es außergewöhnlich zu machen. Ganz genau können wir es allerdings noch nicht sagen. Wir sind der Meinung, dass wir mit Wind and Water: Puzzle battles bereits unseren Beitrag für die Puzzlespiele-Welt geleistet haben. Nun wollen wir andere Genres ausprobieren.
Gibt es einen besonderen Unterschied zwischen dem Prozess des Entwickelns für eine Dreamcast von dem des Entwickelns für eine andere Konsole?
Nun ja, da das Spiel auf einem Fernseher gezeigt wird, muss man immer genau auf die Komposition des jeweiligen Bildes achten. Bei einem Handheld hat jeder Spieler denselben Bildschirm, Fernseher variieren bezüglich des Signals das sie ausgeben.

Die Dreamcast basiert auf optischen Speichermedien, so dass das Abspielen von Musik und das Laden nicht zur selben Zeit durchgeführt werden können. Man kann also nur etwas laden wenn keine Musik tönt, das allerdings geschieht nur während Übergangs- und Ladeanzeigen zu sehen sind. Da wir nicht wollten, dass die Ladezeit der rasanten Action des Spiels schadet, mussten wir uns gut überlegen, wann Dateien (nach)geladen werden können, so dass es dem Spieler möglichst nicht auffällt.

Außerdem war es wichtig, die Dreamcast umfangreich zu testen, da sie sich etwas von anderen computerbasierten Plattformen unterscheidet und es manchmal schwieriger war, Fehler zu finden und zu beheben.

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