Dirk P. Hassinger im Interview. Wir haben mit dem 38-jährigen Macher des Echtzeit-Strategiespiels Earth 2160 über den Kopierschutz gesprochen. Musste die Zwangsregistrierung wirklich sein?
Das Echtzeit-Strategiespiel Earth 2160 ist momentan in aller Munde. Das Spiel schaffte es sogar in die neuste Ausgabe des Hamburger Nachrichten-Magazins „Der Spiegel“. Allerdings ist nicht das Spiel, sondern der Kampf gegen Raubkopierer das Thema. Wir wollen dies in einem ausführlichen Interview mit Dirk P. Hassinger vertiefen.
Herr Hassinger, in der neusten Ausgabe von „Der Spiegel“ wurde über Ihr Spiel „Earth 2160“ und die entstandenen Probleme mit Raubkopierern berichtet. Hätten Sie je erwartet, dass Sie mit diesem Spiel einmal in ein solches Magazin kommen?
Nein, sicherlich nicht. Der Spiegel hat dieses Thema auch nicht wegen Earth 2160, sondern wegen der Raubkopierproblematik aufgegriffen.
Earth 2160 geht mit dem – umstrittenen – System der Zwangsregistrierung einen eher ungewohnten Weg in der Spiele-Industrie. Was hat Sie bewegt, diese Maßnahme zu ergreifen, anstatt die etablierten Kopierschutzsysteme einzusetzen?
Physikalische Kopierschutzsysteme machen nach unserer Erfahrung oftmals dem ehrlichen Käufer Ärger. Zum einen kann er keine Sicherheitskopie anfertigen und zum anderen gibt es Leseschwierigkeiten auf billigen Laufwerken. Hinzu kommt, dass diese Schutzsysteme sehr leicht zu knacken sind. Eine Produktaktivierung, die übrigens bei Applikationen durchaus üblich ist, erlaubt dem Benutzer auch ohne Datenträger im Laufwerk zu spielen.
Wird Zuxxez in Zukunft weiter dieses System einsetzen?
Ja. Wir sind sehr zufrieden damit.
Valve ging mit Steam einen ähnlichen Weg, wie Sie mit Earth 2160. Ist dieses System der Amerikaner für Sie auch attraktiv?
Bei Steam werden sehr viele Daten hin- und herübertragen. Das System ist nicht anonym und auch nur über Internet benutzbar. Wir wollen, dass auch eine telefonische Aktivierung möglich ist. Deshalb möchten wir Steam nicht einsetzen.
In dem Spiegel-Artikel heißt es, Sie hätten bereits rund 13.000 vermeintliche Täter erwischt, aber nur circa 1.000 angezeigt. Wie ist der momentane Stand bei der Staatsanwaltschaft?
Das weiß ich leider nicht. Bislang hat uns die Staatsanwaltschaft in ca. 1.000 Fällen Akteneinsicht gewährt.
Bewerten Sie diese Maßnahme als erfolgreich? Gibt es schon Erfolge gegen Anbieter illegaler Downloads?
Die Maßnahme ist sehr erfolgreich. Earth 2160 wird nur noch sehr selten in P2P-Netzen angeboten.
Wollen Sie dieses Vorgehen in Zukunft noch verschärfen?
Verschärfen nicht, aber wir werden auch weiterhin gegen Raubkopierer vorgehen.
Herr Hassinger, wir haben bei einer Stichprobe in diversen Tauschbörsen immer noch einige Downloads zu Ihrem Strategiespiel gefunden.
Ganz wird man das wohl nicht verhindern können. Aber diese Anbieter werden mit einer Strafanzeige zu rechnen haben.
Earth 2160 soll laut dem Spiegel-Artikel rund 5 Millionen Euro Entwicklungskosten verschlungen haben. Auch wurden Zahlen bekannt, dass es 600.000 mal heruntergeladen und nur 100.000 mal verkauft wurde. Damit sind die Produktionskosten sicherlich höher gewesen als die Einnahmen. Verliert man da nicht manchmal die Lust, solche aufwändigen Spiele zu entwickeln, wenn sie hinterher doch nur illegal genutzt werden?
Earth 2160 wird zum Glück nicht nur in Deutschland verkauft. Die Verkaufszahl im Spiegel bezieht sich nur auf Deutschland. Wir sind mit Earth 2160 aufgrund der internationalen Verkäufe bereits in den schwarzen Zahlen. Allerdings wäre es schon sehr hilfreich, wenn die Raubkopiererei speziell in Deutschland massiv abnehmen würde. Gerne würden wir die Einnahmen in noch aufwändigere Projekte investieren.
Earth 2160 wurde in der Presse gut bewertet und wurde, trotz der Raubkopierproblematik, über 100.000 mal verkauft. Ein Erfolg?
Sicherlich ein Erfolg. Allerdings muss man einmal dagegen betrachten, dass auf 13.000 Quellen über 600.000 Downloads kamen. Wenn man nun noch rechnet, dass solche Downloads an ein paar Freunde per DVD-R weitergegeben werden, dürften in Deutschland über 2 Millionen Spieler Earth 2160 haben. Also hat nur jeder zwanzigste Benutzer das Produkt legal erworben.
Ein Redakteur von uns unterstellt Earth 2160: „Es hat das für Strategiespiele typische Problem: Geniales Konzept, gute Umsetzung, mäßiges Feintuning und mangelnde Nachbehandlung. Oder muss man einfach einsehen, dass das neue Earth eher für Einzelspieler und nicht für lang anhaltendem Mehrspielergenuss konzipiert wurde?“
Das mag bedingt auf die Version 1.0 zugetroffen haben. Allerdings entwickeln wir Earth 2160 ständig weiter und haben auch schon zahlreiche Wünsche der Spieler umgesetzt. Zum Beispiel gibt es jetzt Formationen und einige neue Steuerungsfunktionen. Das Mehrspieler-Balancing wurde auch erheblich überarbeitet. Vielleicht solltet ihr euch die aktuelle Version 1.37 nochmal ansehen.
Wie sieht die Zukunft von dem Earth-Universum aus? Können Sie uns da etwas verraten?
Es wird sicherlich weitere Titel im Earth-Universum geben. Wann, kann ich noch nicht sagen. Derzeit entwickelt Reality Pump noch etwa ein Jahr an der Fertigstellung eines neuen Titels, der nicht aus der Earth-Serie ist.
Spielen Sie überhaupt privat Computerspiele?
Ja, natürlich. Ob man das nun privat oder beruflich nennen will, ist eine andere Sache, aber ich spiele gerne Strategie- und Rollenspiele. Und in diesen Genres so ziemlich alles, was auf den Markt kommt.
Herr Hassinger, vielen Dank für dieses Gespräch.
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