Datenschützer machen sich Gedanken. Facebook Like soll von den Internetseiten aus Deutschland verschwinden, oder sich beugen, dem Diktat des einen Landes, das sich uneins ist, ob es eine Vorreiterrolle spielt oder doch lieber nur den Querulanten, den keiner ernst nimmt. Daneben gibt es noch Tweet-Buttons, Plus Eins und Co., die deutschen Inhalteanbietern, nicht nur solchen mit Themen zu PlayStation oder Xbox, das Leben schwerer machen werden.
Es spitzt sich zu, meine Damen und Herren. Ein neuer Beitrag auf Heise, der von einem Gremium in Düsseldorf berichtet, lässt vermuten, dass in Deutschland bald die Lichter ausgehen. Während England den Euro nicht will und auf uns pfeift, werden wir in Sachen Jugend- und Datenschutz zur Insel. Klar zum Nachteil der deutschen Inhalteanbieter.
Es passt prima, dass Google in AdSense derzeit den +1-Button in ihren Banner-Werbeanzeigen ausprobiert, und es ist sicherlich ein Omen, dass ein ausländisches Werbenetzwerk, bei dem wir Werbeplätze in Form von Videobeiträgen für unser Projekt vermarkten lassen z. B. unter manchen Videos ein fb-like oder einen Tweet-Button anbringt.
Das Web von heute ist auch deshalb ein „Social Web“, man nutzt den viralen Charakter, die Möglichkeit der sozialen Vermarktung. Mein Kumpel mag dieses Bier? Hm, vielleicht sollte ich das auch mal probieren. Eine ehemalige Klassenkameradin hört sich gern diesen Song an? Mal schauen, vielleicht gefällt er mir ja ebenfalls. Das sind stereotypische, positive Erscheinungsarten von sozialem, viralem Marketing. Nachteilig ist sicherlich, dass über den Datenschutz die Meinungen auseinander gehen. Selbst in Deutschland ist man da nicht einer Ansicht.
Google möchte bei der angesprochenen Bannerwerbung, von der wir in diesem Beitrag ebenfalls einen Screenshot untergebracht haben, den Inhalteanbietern übrigens die Option freistellen, sobald das Feature aus der Probephase draußen ist, ob man den +1-Button auf den Werbebannern in Kauf nehmen möchte oder nicht. Als „Deutscher“ hat man in dem Fall noch Glück gehabt. Nur es gibt andere Beispiele, da wird man dieses Glück nicht haben. Man kann eben auch von der Industrie und den Anbietern nicht erwarten, dass sie für jedes Land eine Extrawurst braten. Wir sind eben doch nicht der Nabel der Welt. Schade auch, oder?
Das ist ein klarer Standortnachteil und es wird, wenn der Rest der Welt weiter munter „socialized“ ein eindeutiger Bias beim Wettbewerb werden. Sollen wir „Deutschen“ dann also zukünftig nicht nur ein Monster-Impressum, Kommentare mit Double-Opt-In-Verfahren, etc. pp. anbieten? Man verlangt also von uns auf ein Standbein der Einnahmequelle für Inhalteanbieter zu verzichten, wenn dort fb, g+ oder Twitter integriert werden, weil die Anbieter und Werbetreibenden darin Vorteile erkennen? Nicht jeder wird dann bereit sein für Deutschland eine Insellösung anzubieten. Natürlich müssen wir nicht darauf verzichten, viral zu sein. Wie einige von euch vielleicht mitbekommen haben, verwenden auch wir mittlerweile die Heise-Lösung, die sicherstellt, dass kein User ohne sein Wissen von Facebook und Co. abgefragt wird. Nur haben wir eben auf die Werbung eher bedingt Einfluss. Wir können sagen: Hört zu, wenn Ihr die Buttons nicht wegmacht, dann sind wir weg. Während der Anbieter sich dann denkt, ja gut, dann bist du halt weg, müssen wir uns Gedanken machen, wie wir das Budget für unsere Autoren weiterhin aufrecht erhalten können, wenn Datenschützer uns mit solchen Aktionen schlechterdings die Einnahmequellen drastisch reduzieren.
Darauf verzichten, in Deutschland etwas anzubieten, tun mitunter sogar milliardenschwere Entertainment-Riesen. Die Nicht-Veröffentlichung eines Videospiels am deutschen Markt haben zum Beispiel in der jüngeren Vergangenheit Capcom (Dead Rising), Electronic Arts oder Techland und Deep Silver (Tote Insel) durchgeführt. Manchmal ist es einfach zu aufwändig, es den Jugendschützern recht zu machen, und bevor man eine Indizierung kassiert, verzichtet man lieber direkt. Aber die Deutschen sind ja ein cleveres Völkchen, denn nach und nach werden natürlich die Versionen aus Österreich (PEGI) oder Asien zur Einfuhr verboten.
Normalerweise wäre es aber so, dass die Gamer dann eben die „deutschsprachige“ Version in Österreich oder der Schweiz kaufen. Das geht sogar online. Da kamen dann deutsche Datenschützer sogar auf die wirre Idee vor zwei Jahren einem österreichischen Internet-Shop die Verbreitung in „Deutschland“ untersagen zu wollen. Als ob das Internet an der Grenze halt macht? Das tut es natürlich nicht. Und selbst wenn man Deutschland aussperren würde? Dann finden „wir“ Mittel und Wege das zu umgehen. Doch dann fühlt man in Deutschland irgendwo auch Repressalien, die in den „deutschen“ Medien ja sonst nur in Regimen von Ahmadinedschad und Co gesucht und gefunden werden, weil man bei uns scheinbar nicht genau genug hinsieht.
Aktuell gucken deutsche Gamer z. B. wieder in die Röhre, weil sie die Demo zum Shooter RAGE nicht im PlayStation Network erhalten, sondern nur im kostenpflichtigen PS Plus. Der Grund ist hier der Jugendschutz und nicht die Geldgier von Sony. Als PS-Plus-Mitglied muss man aber in jedem Fall zahlen, für das Abo. Warum, muss man sich dann als dt. Gamer fragen, werden wir für eine „kostenlose“ Demo indirekt zur Kasse gebeten? Die Sache ist einfach. Das PSN hält keine hinreichenden Jugendschutzvorkehrungen vor und im Rest der Welt wird das als nicht notwendig erachtet, wenn das Produkt denn überhaupt dort angeboten wird. Wenn man eine Kreditkarte als PS-Plus-Zahlungsmittel hinterlegt hat, kann man bei Sony davon ausgehen, dass der User sich vorher beim Anbieter der Kreditkarte hat via PostIdent verifizieren müssen. Das geht als Minderjähriger (eigentlich) nicht.
Natürlich könnte Sony auch eine Extralösung anbieten, nur für das PSN in Deutschland. Das wäre aber logistisch total ineffizient, wenn man für Deutschland extra Ressourcen bereithalten müsste. Besonders arm dran sind ganz aktuell auch Käufer der USK-Version von Saints Row 3. Da die Version des Videospiels für den deutschen Markt angepasst werden musste, funktioniert der Multiplayer nur innerhalb der USK-Spiele. D. h. der Rest der Welt spielt zusammen, und wir Deutschen? Alleine! Wir geben bestimmt ein interessantes Bild ab bei manchen im Ausland.
Wir in Deutschland müssen aufpassen, welche Videos und Screenshots wir im Web veröffentlichen, wir müssen Obacht geben, dass wir nicht über Spiele berichten, die indiziert wurden, weil wir uns sonst strafbar machen. Wieso schreiben die Institutionen einem nicht bloß irgendetwas vor, sondern entwickeln auch entsprechende Lösungen, die es erlauben, das Alter von Jugendlichen online zu verifizieren? Soll man als kleines oder mittelständisches Unternehmen zehntausende Euro in die Hand nehmen, um eine eigene Lösung zu entwickeln, nur damit man gegenüber den Mitbewerbern keinen klaren Nachteil hat?
Das Thema, das eigentlich mehrere sind, ist nicht ausgestanden – mit Sicherheit nicht. Es kommt noch Einiges auf uns zu. Einige Topoi wie das „Hochgeschwindigkeitsinternet“ habe ich erst gar nicht angesprochen, sie wären aber mindestens ein weiteres Puzzleteil im Bild von „Wettbewerbsverzerrung Mad in Germany“. Dazu kommt, dass es ebenso in Puncto Usability ein klarer Nachteil ist, seine User mit zwei Klicks, anstatt nur einem zu nerven, ihnen für das Abo bei Kommentaren eine Verifizierung via E-Mail als „einzige“ gangbare Lösung anzubieten. Viele haben nicht die Geduld – der User versteht das nicht, der User will einfach nur finden, was er sucht, und geht notfalls woanders hin, wenn er es bei uns nicht findet.
Jedenfalls weiß ich selbst, dass der Jugendschutz nicht Grund auf schlecht und böse ist, und dass man sich natürlich Gedanken um den Datenschutz machen sollte. Nur die Daten- und Jugendschützer und die zugehörigen Entscheider bei Gericht und in der Politik benehmen sich manchmal bei „diesen“ Themen wie irgendwelche Aktivisten, die sich an Gleise ketten oder mit Steinen werfen, mit Scheuklappen rumrennen und mehr Schaden anrichten als sie der Sache helfen. Mit der Kopf-durch-den-Wand-Taktik hat man bislang immer auch Scherben zurückgelassen.
Es gibt nie nur die eine Seite der Medaille und wenn man es dem deutschen Internet nicht unnötig schwer machen mag, dann sollten Politik und Daten- sowie Jugendschutz neben der individuellen Sicherheit von unser aller Daten und dem Schutz vor der „Verrohung unserer Jugend“ bitte auch die Internetwirtschaft in Deutschland im Blick behalten. Da kann man dann Leuten nicht verübeln, wenn sie ihre deutschsprachigen Internet-Technik-Blogs und -Magazine dann aus den USA, Thailand oder sonst wo auf der Welt einrichten und irgendwo hingehen, egal wohin, einfach nur weg aus Deutschland, und von dort aus dann ihre Internetdienstleistung anbieten.
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