Autor:  Dennis Etzold 03.11.2006, letztes Update: 19.08.2018
Wertung: 8.0

Anno 1701 im Test: Der neue Standard der Aufbaustrategie

Anno 1701 - Screenshot
Anno 1701 - Screenshot

Anno 1701 im Test. Mit vielen Hoffnungen, Träumen und Wünschen stechen seit letzter Woche neue Kapitäne in die See, um die Abenteuer in Anno 1701 zu erleben. Damit möglichst alle Spieler in den Genuss kommen können, lieferte Ubisoft zum Verkaufsstart bereits 450.000 Einheiten an den Handel – Rekord.

Anno 1998

Wir schreiben das Jahr 1998. Ein kleines Unternehmen aus Heusenstamm (nahe Frankfurt am Main) und das Entwicklerstudio Max Design (Schladming, Österreich) versuchten ihr Glück mit einem Aufbaustrategiespiel und landeten mit Anno 1602 einen Volltreffer. Vier Jahre später folgte mit Anno 1503 ein würdiger Nachfolger.

Weitere vier Jahre später verantwortet Entwickler Related Designs aus Mainz nun Anno 1701 in zwei verschiedenen Versionen. Für Fans ist dabei natürlich die Limited Edition ein Muss. In einer kleinen nummerierten Holzkiste bekommt man nicht nur das Spiel, sondern auch ein handsigniertes Artbook mit knapp 100 Zeichnungen, Postkarten, Soundtrack und einen Anno-1701-Schlüsselanhänger aus Messing. Ein Zertifikat zeigt neben der Echtheit auch an, welche der 17.001 Einheiten der Limited Edition man besitzt.

Das erste Kontor

Die Geschichte von Anno 1701 ist leicht erzählt. Ein junger Seemann erbittet die Königin um ein Schiff, um in ihrem Namen neues Land zu besiedeln. Nach einem kleinen „Segelausflug“ kann man mit dem Bau eines Kontors eine eigene Kolonie gründen. Doch schon vor diesem Schritt sollte man darauf achten, dass man genügend Rohstoffe auf der Insel vorfindet. In dem sehr übersichtlich gestalteten Interface sieht man schnell, ob das Land zu den eigenen Vorstellungen passt. Um später alle Bedürfnisse der Einwohner zu stillen, wird im Verlauf mindestens eine zweite Insel von Nöten sein.

Mit den Grundbaustoffen Holz und Werkzeug kann man nun erste Holzfällerhütten errichten, um die Wirtschaft in Schwung zu bringen. Aber auch die verursacht Kosten. So müssen Pioniere angesiedelt werden, welche über Steuern die Wirtschaft auf den Inseln finanzieren. Als Gegeneffekt benötigen die Einwohner gewisse Waren und öffentliche Gebäude, um zufrieden zu sein. Das Dorfzentrum, welches erstmals in einem Anno-Teil auftaucht, übernimmt dabei eine zentrale Rolle. Aber natürlich muss auch Nahrung vorhanden sein, um seine Siedler nicht gleich wieder zu verlieren. Schnell wachsen nicht nur der Einflussbereich auf der Insel, sondern auch die Ansprüche der Siedler.

Vom Pionier zum Aristokraten

Sind genug Einheiten an Nahrung und Stoffen im Lagerbestand, fehlt nur noch eine Kirche, um die Pioniere zum Aufstieg zu bewegen. Bei der Weiterentwicklung benötigt man eine gewisse Anzahl an Holz und Werkzeug, um einen Ausbau der einfachen Wohnunterkunft zu realisieren. Vor allem zu Beginn sind solche Rohstoffe aber sehr knapp und müssen unter Umständen den Einwohnern sogar vorenthalten werden, um weitere wichtige Wirtschaftszweige zu etablieren.

Im Spielverlauf werden die Ansprüche der Bewohner immer höher. Im Gegenzug entrichten diese aber auch mehr Steuern und entwickeln sich zu Aristokraten. Diese Bevölkerungsgruppe benötigt aber nicht nur Nahrung, Stoffe und eine Kirche, sondern auch eine Schule, Alkohol, Lampenöl, Pralinen, Tabak, und mehr. Mit zwei bis drei Inseln und guten Handelspartnern können die meisten Bedürfnisse schnell gedeckt werden. Aber Vorsicht: Ausgaben und Einnahmen sollten nicht in den negativen Bereich umschwenken, den dann geht es schnell und die Kolonie ist pleite.

Neue Features braucht das Land

Das Wort „Aufbaustrategie“ bringt das Spielprinzip von Anno sehr präzise auf den Punkt. Doch in den acht Jahren Anno kann man große Entwicklungen verfolgen. Sah man in Anno 1602 und Anno 1503 immer die gesamte Karte, so ist jetzt eine Art „Fog of War“ integriert, der das Entdecken noch interessanter macht.

Der Freie Händler ist eines der überarbeiteten Features. Mit seinen Schiffen schippert er von Kontor zu Kontor und treibt Handel mit allen Mitspielern. Neu ist, dass der Freie Händler einen eigenen Kontor in der Mitte der Karte besitzt und so nicht gewartet werden muss, wenn Waren dringend gebraucht werden. Die Händleraufträge bieten einen Nebenverdienst.

Katastrophen inbegriffen

Ein Hurrikan, Feuersbrünste, die Pest, eine Rattenplage oder Vulkanausbrüche – Katastrophen gehören nun zum Spieleralltag. Ganze Industriezweige müssen dann wieder aufgebaut werden. Nicht nur für Profis reizvoll.

Für Sabotage, Spionage und andere kleine Tricks können die so genannten Logenaktivitäten verwendet werden. So ist es möglich, sonst eher geheime Informationen über den Gegner zu sammeln, um nicht voreilig und sinnlos in Kriege zu ziehen. Mit der Logenaktivität „Einschmeicheln“ könnte man aber auch neue Freunde oder Handelspartner gewinnen.

Multiplayer an Bord

Endlich mit von der Partie ist der Mehrspielermodus. Bis zu vier Spieler können auf einer Karte über Internet oder LAN miteinander spielen. Bereits beim Vorgänger gab es das Versprechen, einen solchen Multiplayermodus einzubauen, aber durch diverse Fehler wurde dieser Plan später verworfen und als grundlegendes Feature für Anno 1701 geplant.

Schulen erfüllen erstmals nicht nur den Bedürfnisansatz von Einwohnern, sondern erlauben auch die Erforschung neuer Technologien. Und der Erfinder hilft als Ehrengast. Im Dorfzentrum kommen gelegentlich solche Gäste vorbei – sie verschwinden nach einer Zeit aber wieder. Ein Erfinder beschleunigt die angefangenen Untersuchungen um ein Vielfaches. Aber auch die Schmiede, Musikkapellen, der Bierwagen, der Bischof oder gar die Königin selbst können auf dem Dorfplatz erscheinen und ein paar Boni zusteuern.

Setzen, eins plus!

Technisch ist das Spiel nicht nur seinen Vorgängern voraus, sondern ist auch im Vergleich zu anderen Strategiespielen ein wahrer Augenschmaus. Die liebevollen Grafiken sind nicht nur bei Gebäuden sehr detailreich. Noch nie sah man so genau programmierte Wassereffekte. Wellen, die an vorbeifahrenden Schiffen brechen und dabei noch gespiegelt werden, sind einzigartig für dieses Genre.

Komplette Tierwelten werden zu Beginn eines Spieles auf den Inseln verteilt – dynamisch. Je nach Vegetation gibt es verschiedene Baum- und Grasarten, die den Anbau unterschiedlicher Rohstoffe, wie Getreide oder Kakao ermöglichen.

Details nicht umsonst

Je mehr Einwohner eine Insel besitzt, desto mehr ist auf den Straßen der Stadt los. Betrunkene torkeln nach Hause und Kaufleute gehen in die Kirche. Dieser Reichtum an Details fordert aber seinen Tribut von der Hardware. Mindestens 2.200 MHz und 512 MB RAM, sowie eine Grafikkarte mit Pixel Shader 1.1 müssen vorhanden sein. Wahre Fans, die Anno 1701 auf der detailreichsten Stufe spielen wollen, müssten schon einen Prozessor mit 3.000 MHz und 1 GB RAM, sowie eine Grafikkarte die Pixel Shader 2.0 unterstützt, besitzen. Je größere Städte Sie erbauen, umso mehr GHz braucht Ihr Prozessor.

Von Freunden und Feinden

Zwölf verschiedene Spielerprofile ließen sich die Entwickler von Related Designs einfallen. Dabei werden nicht nur die drei typischen Schwierigkeitsstufen leicht, mittel und schwer unterschieden, sondern auch Abenteurer, Aggressor, Durchschnittscharakter und Händler.

Jeder Charakter hat Schwächen und Stärken. Francois Bataille, welcher übrigens von Sky du Mont gesprochen wird, ist der König und seinen Verbündeten treu ergeben. Er bemüht sich stets um Ordnung in der „Neuen Welt“, hat aber eine Schwäche für Tabakwaren.

Neben den Computerprofilen, die im Handbuch einzeln aufgeschlüsselt sind, gibt es noch die alt bekannten Eingeborenen und die Königin. Die ansässigen Einwohner von Inseln erzeugen die so genannten Kolonialwaren, die teilweise nicht von der eigenen Wirtschaft hergestellt werden können. Guter Handel, auch mit fremden Völkern, ist also eine Grundlage von Anno 1701.

Die Königin, welche am Anfang immer sehr kritisch zu dem Vorhaben der Kolonisierung steht, hat aber kaum eine große Rolle. Die Unabhängigkeit ist hier das größte Augenmerk.

Fazit

Als Anno-Fan der ersten Stunde waren die Erwartungen natürlich sehr hoch geschraubt. Die Limited Edition war so von Anfang an ein Muss für mich. Mit der Standardversion, die Journalisten erhalten haben, wollte ich mich nicht begnügen. Related Designs und Sunflowers haben mit zehn Millionen Euro Entwicklungskosten ziemlich viel in das neue Anno investiert – warum soll ich nicht auch 80 Euro für die streng limitierte Ausgabe zahlen? Gelohnt hat sich die Investition auf alle Fälle.

Eine so wunderschöne und reale Grafik gab es noch nie in einem Strategiespiel. Der Ideenreichtum und die Verbesserungen gegenüber den Vorgängern machen sich auch beim Langzeitspielspaß positiv bemerkbar. Mit dem Mehrspielermodus verfällt der Spieler auch nicht in die Versuchung, immer mit der gleichen Taktik gegen seine Gegner vorzugehen. Anno 1701 empfiehlt sich selbst.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Zurück zum Testarchiv
Was sagst Du dazu?
Zugehörige Spiele

Aktuelle Nachrichten

Werbung