Bereits vor zwei Jahren durfte ich die ersten Szenen bei Daedalic zu 1954: Alcatraz bewundern. Schon damals hat mich das Point-And-Click im Stil der 50er Jahre begeistert. Ob das Ganze mich 2014 wirklich begeistert, erfahrt ihr im Review zu Alcatraz.
Joe Lyons ist Sträfling im wohl sichersten Knast Amerikas der 50er Jahre: Alcatraz. Unsere Aufgabe ist es, ihm dabei zu helfen, das schier Unmögliche möglich zu machen und von der Gefängnisinsel zu fliehen. Dabei steuern wir nicht nur den Sträfling Joe, der wegen bewaffneten Raubs und wiederholtem Gefängnisausbruch in Alcatraz sitzt, sondern auch seine Frau Christine, eine Künstlerin, die von Gangster Mickey erpresst wird. Was klingt wie ein 50er-Jahre Krimi ist genau das. Irresponsible Games und Daedalic Entertainment verpacken die Geschichte in ein nett anzusehendes Point-And-Click, bei dem es nur ein wenig in der Ausführung zu hapern scheint.
Was auffällt ist die hübsche Optik mit flüssig laufenden Bewegungen. Anders als bei früheren Daedalic-Releases wie Deponia 3 läuft dank Day-One-Patch alles rund.
Häftling Joe ist ein großer kräftiger Afroamerikaner, der im Knast direkt die typischen Stereotype um sich hat, so zum Beispiel den rassistischen Choleriker Gas-Pipe oder den alten Haudegen Hank, der schon zig mal versucht hat, von der Insel zu fliehen. Auf der anderen Seite lernen wir in der Stadt Joes Frau Christine als waschechte Beatnik kennen und deren Freunde und Bekannte, die fast ausnahmslos Schriftsteller, lesbische Malerinnen oder Buchhändler sind. Das etwas klischeehafte 50er-Jahre-Bild kommt gut raus, im Hintergrund läuft Jazz-Musik und alles dreht sich um die Kunst, während ein paar Meilen weiter das Hochsicherheitsgefängnis mit seinem Leuchtturm die Map beleuchtet.
Die Story ist schnell erzählt: Joe wurde scheinbar übers Ohr gehauen, zumindest will Christine den Fall näher aufklären. Irgendwas hat der Clubbesitzer Mickey damit zu tun, der Christine mit ihrer Ermordung droht, sollte sie nicht schnellstmöglich das Geld zu ihm bringen, das Joe irgendwo versteckt haben soll. Wir wechseln zwischen den zwei Perspektiven hin und her, um so allmählich Joes Flucht vorzubereiten.
Das große Manko an 1954: Alcatraz für mich ist, dass das Adventure viel zu einfach ist und daher viel zu schnell vorbei. Wir fangen erst an, uns richtig in die Charaktere hinein zu versetzen, wenn schon fast alles zu Ende ist. Und das liegt nicht daran, dass sich die Entwickler keine Mühe gegeben hätten, genug Schauplätze und Rätsel bereit zu stellen. Die „Rätsel“ werden einem nur einfach regelrecht vorgekaut. Der Draht, den wir in einem kaputten Plattenspieler finden, passt ein Bild weiter in den Telefonkasten, der in diesem Bild auch das Einzige ist, womit man interagieren kann. Viele kleine Szenen, die Platz für ein klasse Rätsel gegeben hätten, laufen als Filmsequenz einfach durch. Das Spiel macht einem eigentlich alles vor.
Schön ist jedoch, dass man selber in der Hand hat, wie das Spiel ausgeht. Haben Joe und Christine am Ende ihr Happy End oder haut Christine vielleicht mit dem Geld ab? Lässt man Joe wegen des Verbrechens lügen oder sagt man stets die Wahrheit? Lässt sich Christine mit ihrem Ex Dale ein oder nicht? Viele dieser Entscheidungen lassen sich nur leider leicht durch die nächste Aktion korrigieren, somit reicht es, sich die wirklichen Entscheidungen in erster Linie für den Anfang und das Ende des Spiels aufzusparen.
1954: Alcatraz verzichtet auf jedewede Art von Puzzle, die bei Genrevertretern momentan durchaus üblich sind. Da ist auch nichts gegen einzuwenden, wären nur die Kombinationsmöglichkeiten der Gegenstände komplexer. Einen „Wo muss ich jetzt hin?“-Moment erlebt man leider höchst selten. Schade! Daran ändert leider der zugegeben coole Wechsel zwischen den beiden Protagonisten nicht viel, denn 1954: Alcatraz gibt einem an ein paar Stellen sogar vor, wann es besser wäre, Christine zu wählen, um Joe beispielsweise aus der Isolationshaft zu holen. Das raubt dem Spieler die Entscheidung.
Der Grund für den mäßigen Schwierigkeitsgrad ist jedoch nicht gerade der Fakt, das Spiel könne für jüngere Gamer sein. Im Gegenteil: Schimpfwörter, rassistische Äußerungen, eindeutige Zweideutigkeiten, das gehört alles zur derben Gangster-Story. Was bei anderen Point-And-Clicks von Daedalic oft subtil verpackt wird, wird in 1954: Alcatraz gnadenlos rausgehauen. Das gefällt mir persönlich und nimmt dem Spiel das „Comicartige“ ein wenig.
1954: Alcatraz ist so eine Sache. Wir begegnen einer super Idee mit optisch und akustisch genialer Umsetzung, detaillierten Charakteren und tollen Schauplätzen. Die Art der Rätsel ist ebenso gelungen und eben in klassischem Point-And-Click gehalten, aber es fehlt der Grübelfaktor. Wäre der Schwierigkeitsgrad ein bisschen angemessener, die Story ein wenig länger, hätte das ein perfektes PC-Game werden können.
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