Autor:  10.02.2009, letztes Update: 19.08.2020
Wertung: 4.0

Test: X-Blades – Hack and Slash mit Ayumi auf der PlayStation 3

X-Blades
X-Blades

TopWare Interactive und Gaijin Entertainment haben die Spieler lange Zeit heiß gemacht. Der Releasetermin des Spieles wurde immer wieder verschoben. Mitschuld trägt auch die fertige PS3-Fassung. Man stattete uns nicht nur mit einem Rezensionsexemplar aus, sondern legte gleich noch eine Din A3-Umgebungskarte und einen Strategy Guide obendrauf. Nun gibt’s kein Zurück mehr. Wie es auf dem Weg mit Heldin Ayumi so ist, könnt ihr in unserem Review nachlesen.

Ayumi, so heißt es auf dem Klappentext, sei „die beste Schatzjägerin weit und breit!“ Dieser Satz sollte stutzig machen. Denn er weist in eine Richtung, aus der Lara Croft (Tomb Raider) oder Nathan Drake (Uncharted) kommen mögen. Und richtig, das Setting von X-Blades erinnert durchaus an die Spielwelten, in denen sich die zuvor benannten Schatzsucher eigentlich tummeln.

Wer sind meine Konkurrenten?

Direkte Konkurrenz sieht für Ayumi allerdings anders aus. Dazu müssten wir uns Dante (Devil May Cry) oder Nariko (Heavenly Sword) genauer ansehen. Dante ist ein abgezockter, doch cooler und irgendwie lässiger Typ. Nariko eine rassige Rothaarige mit gesundem Selbstbewusstsein und natürlichem Stolz.

Ich bin: blond

Ob es Absicht von Gaijin Entertainment war, die Figur von Ayumi erblonden zu lassen? – Auf jeden Fall gefällt mir persönlich dieser Charakter kaum. Ayumi hat einen eigenwilligen Gang und einen künstlichen Teints. Die Steuerung ist für viele PlayStation 3-Games typisch. Gesteuert wird mit dem linken Analogstick. Mithilfe des rechten Sticks wird die Kamera kontrolliert. Ayumi trägt zwei blanke Pobacken durch die Welt, weil ihre Hose an der Stelle ausgeschnitten ist.

Ist das sexy? Nun – bei vielen Frauen wahrscheinlich. Ayumi aber lässt mich kalt. Sie ist eine sehr eigenwillig dargestellte Figur. Zwar weist sie Ähnlichkeiten mit Mangaweibchen auf, doch fehlt irgendetwas Authentisches. – Wer hat sich außerdem einfallen lassen, einer Kämpferin kräftige Stiefel anzuziehen und sie dann wie mit Pumps bewaffnet durch die Gegend stolzieren zu lassen? Wenn man den Analogstick dezent bewegt, stöckelt Ayumi. Wenn sie nicht stöckelt, dann rennt sie. Dazwischen gibt es leider gar nichts.

Hallo Echo!

Und das gilt für das gesamte Spiel. Dazwischen gibt es nichts. Fast nichts jedenfalls, denn die wenigen Zwischenfilme in denen ein Hauch von rotem Faden auftaucht sind rar gesät. Vielleicht liegt es an mir, und ich bin zu storyverwöhnt. Doch wenn die Messlatte schon irgendwo zwischen Devil May Cry 4 und Heavenly Sword angebracht werden muss, dann müsste ein Wunder geschehen, damit Ayumi den Sprung in die Oberklasse schafft.

Selbst Freunde von Button-Mashing und solche mit akutem Actionbedarf werden irgendwann die Verschnaufpausen vermissen. Ein Level reiht sich an das andere und obwohl man hellwach sein müsste bei so viel Action, kommt nach einer Weile beredte Müdigkeit auf. X-Blades beschert einem nämlich ein äußerst kurzes Vergnügen.

Fast 50 Level

Es gibt knapp 50 Level in diesem Spiel, und eigentlich doch nur knapp die Hälfte. Denn irgendwann zur Halbzeit wird der Spießrutenlauf umgekehrt und man durchkämmt alle Schauplätze noch ein Mal, allerdings andersherum (und am Abend/bei Nacht).

Es gibt durchaus einige Gegnertypen, und wer nicht gerade mit einem Strategy Guide ausgestattet ist, der kann sich im Spiel das Bestiarium zu Gemüte führen. Hier finden sich wichtige Informationen zu den Typen von Monstern. A pro pos Monster. Das Spiel beginnt mit dem Einspieler, als Ayumi von einer Schatzsuche zurückgekehrt ist und bei einem Antiquitätenhändler Rast macht. Sie hat zufällig ein passendes Gegenstück dabei, das sich mit einem der Artefakte in dem Laden des Händlers verbinden lässt.

Wo ist der rote Faden?

Ab diesem Zeitpunkt nimmt das Geschehen seinen Lauf. Wer wissen möchte, wo die Monster herkommen und wieso es überhaupt nur Böses in dem Spiel gibt, der wird mächtig allein gelassen. Storytelling ist eine markante Schwachstelle bei X-Blades. Denn die Optik und die Soundkulisse sind durchaus ordentlich geworden. Eigenwillig zwar, wie ich bereits erwähnte, aber flüssig animiert. Die Optik ist also ansprechend, nur trotzdem auf Dauer eintönig. Vor allem weil sich irgendwann die Level wiederholen und außerdem, weil die vorhandenen Settings sich oft ähneln. Man hat das Gefühl, dass geometrische Gebilde sich die Klinke in die Hand geben.

Hilfe braucht’s nicht

TopWare Interactive hatte ja einen Strategy Guide dabei gepackt. Ich bin der Meinung, das Buch ist, wenn überhaupt, nur für Sammler von Interesse. Es wird für knapp 10 Euro separat zum Spiel angeboten und die Variante die mir vorliegt ist in 4 verschiedenen Sprache abgefasst. Das allerdings hätte man sich sparen können, zumal hier eine eindeutige Priorisierung von Deutsch und Englisch vorgenommen wurde. Diese beiden Teile haben von Übersetzungsparametern abgesehen die gleiche Anzahl an Seiten im Lösungsbuch spendiert bekommen. Französisch und Italienisch hingegen werden sukzessive knapper dargestellt.

Zu wenig polyglott

Was man sich dabei gedacht haben mag? Wenn man im französischen Teil zwar mit weitaus weniger Seiten auskommen muss, so ist doch wenigstens der Lösungsteil vorhanden. Der fehlt im italienischen Part des Lösungsbuchs allerdings komplett. Das Buch selbst ist moderne Digitaldruck-Technik. Mit all ihren Vor- und Nachteilen. Es ist schnell gemacht, aber fühlt sich fast schon nicht mehr wie ein richtiges Buch an. Im Bereich der Strategy Guides gibt es durchaus bessere Fabrikate, aber wahrscheinlich auch schlechtere.

Schießen, Schlachten und Zaubern

Zurück zu Ayumi und ihren Kampfkünsten. Sie selbst ist, quasi als weiblicher Klon von Devil May Cry-Held Dante mit zwei Schwertklingen ausgestattet, die gleichzeitig als Feuerwaffe fungieren. Ayumi erhält während des Spiels Levelupgrades, muss zudem verschiedenfarbige Artefakte sammeln (jeweils 3 an der Zahl) um zusätzlich aufgelevelt zu werden. Die Währung mit der Ayumi handelt sind „Seelen“. Dafür kann sie sich weitere Fähigkeiten und Zauber kaufen. Wenn sie besonders viele Kombo-Angriffe auf die Gegner fährt, erhält sie besonders viele Seelen für besiegte Gegnerscharen.

Konzentration bitte

Ayumis Repertoire ist im Vergleich zu DMC3 und vor allem aber zu DMC4 als solide zu bezeichnen. Schon auf dem Weg zur spielerischen Halbzeit hin, wird der Spieler feststellen, dass eigentlich nur die Bossgegner so richtig Konzentration erfordern.

Der Rest klappt, vorausgesetzt man hat die richtigen Waffen für die auftauchenden Gegnertypen voreingestellt, wie von Geisterhand. Ich konnte zwischenzeitlich Gespräche mit Leuten führen, die währenddessen ins Zimmer getreten sind, ohne Gefahr zu laufen, abzuleben. Wohlgemerkt nur, wenn ich es nicht gerade mit Bossgegnern zu tun hatte.

Unbekannter Jay

Im Alltag treffen wir die Unterscheidung zwischen Freunden und Bekannten. Letztere sind Personen, zu denen wir nur ein unregelmäßiges Verhältnis pflegen. Die Figur Jay allerdings ist eigentlich noch weniger als das. Zwar werden wir von ihm aus einer misslichen Situation befreit, doch kommen wir kaum mit ihm ins Gespräch und die Situationen in dem wir ihm begegnen, sind so gut als irgendwas. In der Literatur würde man behaupten, Jay wäre ein sehr sehr „flacher“ Charakter. Ich weiß bis heute nicht so Recht, warum Jay überhaupt auftauchen musste. Da hätte auch irgendein Zufall mich und Ayumi aus der misslichen Lage befreien können.

Und morgen?

Man erkennt, dass die Leute bei Gaijin Entertainment sich Mühe gegeben haben. Das Spiel wird auf viele unterschiedlichen Märkten veröffentlicht werden und ist für verschiedene Sprachen lokalisiert. Die Synchronisation für die deutschsprachige Variante finde ich durchaus gelungen. Nur ist es eben selten genug, dass Ayumi zu Wort kommt. Wenn ein Spieler früh aufsteht und sich dranhält, kann er X-Blades noch am selben Abend schon wieder zur Seite legen. Gesetzt den Fall, er verliert nicht irgendwann auf dem Weg dorthin die Motivation.

Zu viel Action?

Einen Wiederspielwert kann ich bei X-Blades leider nicht erkennen. Das Trophäen-System von Sonys PlayStation Network wird wohl unterstützt, doch empfinde ich es wenig reizvoll, nochmal so viel zeit damit zubringen zu müssen, wirklich Hunderte und Tausende von Gegnern zu meucheln. Sie kommen von überall, hat man manchmal das Gefühl. Ein Knopfdruck am Levelende – wir sehen den Punktebildschirm; noch ein Knopfdruck – wir stehen im nächsten Level und können das Wort Widerrede gar nicht erst aussprechen, da werden wir meistens schon wieder von überall her angegriffen.

Das lädt nicht zum Erkunden ein, das produziert Stress. Glücksmomente hingegen stellen sich kaum ein, weil eben der rote Faden fehlt, ich wiederhole mich gerne. Der rote Faden nämlich, der uns uns selbst mit der Protagonistin indentifizieren lassen könnte. Es wäre Platz für eine Romanze gewesen (Jay), es wäre sogar Raum zur Selbstdarstellung („beste Schatzjägerin weit und breit!“) vorhanden gewesen. Genutzt hat Gaijin diesen Platz nicht, weshalb meiner Meinung nach X-Blades ein Nischenprodukt bleiben könnte

Fazit

Ich halte fest: Bei X-Blades kommt es einem so vor, als hätten wir ein bisschen von allem. Nur von jedem irgendwie zu wenig. Zu wenig Lara Croft, zu wenig Nathan Drake, aber auch und vor allem zu wenig Nariko und zu wenig Dante. Für Ayumi bliebe eine Nische. Diese Nische hätte umso größer werden können, je mehr man bei Gaijin Entertainment die Hintergrunderzählung ausgeweitet hätte. Dass es funktioniert sieht man in den wenigen Momenten, da in den Einspielern ein Hauch von rotem Faden auftaucht. Die Synchronisation ist ordentlich, wann immer Ayumi spricht (zu selten).

Die Grafik ist eigenwillig aber ganz gut. Das Leveldesign ist auf lange Sicht zu eintönig. Manche Songs vom Soundtrack haben mir ziemlich gut gefallen, andere waren immerhin sehr ordentlich. Die Animation ist flüssig, die Steuerung hätte besser sein können. Das Gegneranvisieren hätte ausgereifter sein dürfen und die Kamera für solch einen Fall intelligenter. Es kann passieren dass man die Orientierung verliert, wenn man sich im Kampf auf die Gegner fixiert. Die Kamera sorgt also manchmal für Verwirrung.

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