BioShock im Test für PS3. Gamer auf der PlayStation 3 dürfen sich nun auch über den Ego-Shooter von Take 2 Interactive freuen, nachdem er vor Monaten schon für XBox 360 und PC erschien. Kann 2K Games das Warten belohnen, mit einer ebenso dichten Atmosphäre? In jedem Fall hat der Hersteller mit dem Spiel ein heißes Eisen im Feuer für das Weihnachtsgeschäft veröffentlicht. Wir durften es auf Sonys Konsole ausgiebig testen.
Wir wissen von den wilden 1920ern. Doch wir haben ja gar keine Ahnung darüber, was in den 50ern und 60ern des letzten Jahrhunderts vor sich gegangen ist. Ryan Industries wollte den Entwurf einer Utopie auf dem Meeresgrund des Pazifik verwirklichen. Schöpfer einer ganzen Welt zu sein – das geht nicht ohne weiteres. BioShock entführt uns in diese Welt, und wir werden Zeuge einer gescheiterten Existenz.
Wir stürzen mit dem Flugzeug ab und retten uns auf eine vereinsamte Plattform mitten im Ozean. Dort, wo eigentlich Nichts sein sollte – den Ort, den eigentlich niemand finden sollte, wir werden vom Schicksal dorthin geführt. Fortan erleben wir in typischer Ego-Shooter-Perspektive ein Spiel, das mehr ist als ein profanes Ballerspiel. BioShock ist getrieben von einer dichten Story; auf technischer Seite wird das Spiel angetrieben von einer angepassten Unreal-3-Engine.
Im Gegensatz zu herkömmlichen 3D-Shootern, bietet BioShock neben landläufigen Waffen außerdem ein Repertoire aus der Gentechnik an. So genannte Plasmide, eine Form von genetischer Droge, lassen aus unserer Linken die wundersamsten Dinge entfliehen. Wir frieren Gegner ein, wir fackeln sie ab, wir setzen sie unter Strom oder werfen Gegenstände mit Hilfe unserer Gedanken durch die Spielwelt. In der Rechten hingegen tragen wir Waffen – vom einfachen Schraubenschlüssel, der durchaus effektiv ist, bis hin zum Raketenwerfer wurde an vieles gedacht.
An Automaten, die in den Levels auf uns warten, dürfen wir die Waffen aufmotzen. An weiteren kaufen wir Munition, Heilmittel oder Drogen. Eine davon ist Eve. Sie spritzen wir uns, damit wir mit den Plasmiden über unsere Linke aktiv sein können. Wieder andere Automaten heilen uns. Ganz andere Apparate indes hat Ryan Industries als ein Sicherheitssystem in die Unterwasserwelt „Rapture“ integriert. Selbstschussroboter, Überwachungskameras und andere mechanische Techniken, machen uns das Leben nicht immer einfach.
Wir haben in BioShock einen Verbündeten, der zu uns jedoch immer nur über ein Funkgerät spricht. Atlas heißt er und geleitet uns durch die verschiedenen Stationen des Spiels. Dabei lernen wir Opfer und Täter eines Utopieentwurfs kennen, die uns über Tonbandaufzeichnungen an einer psychedelischen Schnitzeljagd teilhaben lassen. Wir werden immer tiefer in Etwas gesogen, das wir nicht verstehen können. Aber gerade das macht einen Reiz von BioShock aus. Je länger wir an der Schnitzeljagd partizipieren, desto öfter geht uns ein Licht auf. Aus dem Dunkel, in das wir zu Beginn tappten, wird nach und nach ein skurriles Licht.
Recken, die in Counter-Strike lauter Frags sammeln und damit glücklich werden, die könnten den Kampf mit Gegnern vermissen. Trotzdem gilt in BioShock ebenfalls, dass ein gezielter Treffer in den Kopf mehr Schaden anrichtet als übrige. Doch BioShock lebt nicht vom stupiden Töten. Wir müssen an einer Stelle eine Kamera entwenden und fortan Fotos von den diversen Gegnertypen schießen. Damit kommen wir den Achillesfersen dieser auf die Spur, wirkt doch die Kamera wie eine Art Röntgenapparat.
Selbstschussanlagen arbeiten von Haus aus für den Gegner. Doch das muss nicht so bleiben. Minispiele ermöglichen uns die Geräte umzuprogrammieren, gesetzt den Fall, wir gewinnen die Pipedream-ähnliche Klamotte. Das Minigame läuft mal langsamer, mal schneller ab, hält Röhrenteile für uns bereit, usf. Neben diversen Robotern können, bzw. müssen wir Safes auf die gleiche Weise knacken. Eine Ablenkung, die sich irgendwann überlebt hat, die wir aber mit Hilfsmitteln (Autohackern, die aufgesammelt oder gebaut werden können) oder dem Einsatz von Geld umgehen können.
Musikalisch ist die Kulisse von BioShock vielleicht nicht jedermanns Geschmack (sie entspricht der Musik aus den 1950ern), doch vor allem das Spiel erfährt atmosphärisch einen Schub durch die grandiose Musikuntermalung. Man wird, wenn man sich auf das Spiel einlässt, und es eventuell sogar zur späten Stunde spielt, von der paranoiden Stimmung mitgenommen.
Das letzte Mal, dass es ein Spiel mich über die Akustik sogar einzuschüchtern vermochte, ist lange her. Seinerzeit handelte es sich um ein heute indiziertes Spiel namens W..f..s…. XX. Das Rasseln von Türen irgendwo im Hintergrund – zu wissen, das etwas passiert, es aber noch nicht visuell wahrzunehmen, sondern nur schon hörend zu erahnen, das erzeugt ein besonderes Gefühl von Spannung, das zeitweise unter die Haut geht. Während also die Audiokulisse überzeugt, kann die Grafik zwar den tollen Eindruck nicht schmälern, doch angesichts der langen Entwicklungszeit wirkt die Engine im Spielgeschehen ein wenig altbacken.
Die Umsetzung für die PS3 hat lange auf sich warten lassen. Wenn dann jedoch am Himmel 2D-Sprites als Wolken erscheinen, oder die Levelpolygone sich manchmal erst mit einer latent spürbaren Verzögerung scharf stellen, fragt sich der geneigte Spieler, was man in dem halben Jahr zusätzlicher Entwicklungszeit angestellt hat.
Natürlich wirkt das Spiel optisch auf den Spieler. Spiegeleffekte, Wasserreflexionen, die Grafik weiß durchaus zu überzeugen. Doch gibt es Spiele auf der PlayStation 3, die noch mehr aus der Konsole rauszuholen vermögen (GTA IV oder Metal Gear Solid 4 können als Beispiele herhalten).
Das neue Trophäen-Feature hat man selbstverständlich integriert. Für Spieler, die auf die Pokal-Etiketten gucken, lohnt es sich, das Spiel möglichst oft zu spielen, um so viele Pokale als möglich einzuheimsen. Doch da gibt es noch die andere Art Metall: BioShock ist in der Tat ein grandioses Spiel, das allerdings noch viel Raum für Verbesserungen anbietet.
Wie genau das Potential noch besser hätte ausgenutzt werden können? – PlayStation-3-Spieler sind verwöhnte Zeitgenossen. Uns werden Games präsentiert, die von Havoc, PhysX, Euphoria und weiteren Engines angetrieben werden. Diese sorgen für mehr Realismus im Spiel. BioShock kennt all das nicht. Es ist toll, wenn man Kraft seiner Gedanken eine Tonne aus einer Ecke zu sich heran holen, und sie dann wieder wegschleudern kann. Doch leider nimmt die Tonne keinen Schaden. Überhaupt ist die Umgebung von BioShock relativ interaktionsgefestigt.
Überdies arbeitete der Entwickler nicht an allen Stellen wirklich sauber. Bei der Version, die uns zum Test vorlag, kommt es manchmal vor, dass Objekte der Spielwelt unwillkürlich zwischen Spieler und sein Sichtfeld treten. Ein Beispiel gefällig? In einer Tiefkühlkammer baumeln menschengroße Fische von der Decke. Wenn wir mit der Spielfigur an ihnen vorbeilaufen, bewegen wir sie „nicht wirklich“ zur Seite. Bisweilen hat es den Anschein, dann jedoch blitzt das Fisch-Polygon immer wieder zwischen uns und dem Blickfeld auf; ein Schönheitsfehler.
BioShock, und das muss ich gegen Ende betonen, ist gegenüber der zuvor geäußerten Kritik erhaben. Das Spiel macht einen „kompletten“ Eindruck. Bin ich nicht unbedingt ein Freund von Spielen aus der Ego-Perspektive, hat BioShock mich die letzten Nächte trotzdem um den Schlaf gebracht. Ich kann sagen, dass es noch besser geht, aber ich kann nicht meckern über das Spielerlebnis, das BioShock mir vermittelt. Trotz einiger Schönheitsfehler, ist das First-Person-Game in Rapture ein grandioses Spielerlebnis.
Es gäbe außerdem noch so viel mehr über das Spiel zu erzählen. Die Vielzahl an Gegnertypen, die sich zum Teil nicht zu leicht erledigen lassen. Die vielen Figuren, die, neben anderen, eine Art kleine Hauptrolle spielen. All diese „Typen“ sind wirklich überzeugend dargestellt. Man bekommt sie nie wirklich zu Gesicht, allerhöchstens als Abbild auf den Tonbandkassetten, oder in den Einblendungen des Ladebildschirms. Inklusive deutscher Sprachausgabe wirken sie so wie sie sollen.
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