Panini hat den Sonderband 10 der Vertigo-Reihe Fables herausgegeben, mit dem Untertitel Vater und Söhne. Einige der darin aufgegriffenen Erzählungen handeln nämlich vom Verhältnis derselben.
Comics begleiten mich seit meiner Jugend. Doch während ich als Pubertierender selten mehr als Unterhaltung in Form von Lustigen Taschenbüchern oder YPS-Heften las, kommt es in diesen Tagen häufiger zur Konfrontation mit Comics, die man bald schon Kunst nennen kann. Zumindest hat der Sonderband Fables – Väter und Söhne einen latent künstlerischen Anspruch. In ihm sind die Einzelhefte 52 bis 59 untergebracht und zudem vorneweg eine Hinweistafel, die einige der Charaktere des Fable-Universums vorstellt.
Hauptverantwortlich für diesen Sonderband sind die Herren Willingham, Buckingham und Allred. Ersterer vor allem auch in der Rolle als Autor der Geschichten. Präsentiert wird die Ruhe vor dem Sturm. Es gibt zwei Fronten, wie eigentlich fast überall in der Welt und es ist interessant, wie bunt die Welt von Fabletown zunächst auf mich gewirkt hat, doch wie viel Tiefgang schon dieser einzelne Sammelband erzeugen kann. Hier verschmelzen Figuren aus Fabeln mit der Idee von der realen Welt. Manchmal wirkt ihr Handeln obskur, manchmal amüsieren wir uns. Und dann ist da noch die alte Welt, diejenige, die man nur über den Bohnenbaum erreichen kann. In ihr lebt auch der Puppenmeister Geppetto. Doch wer hier einen liebevollen alten Mann erwartet, der wird enttäuscht. Ein gerissener Stratege, der durchtränkt ist von boshafter Energie ist dieser Geppetto.
Und überhaupt ist die Welt der Fables und diejenige, die sie umgibt, selten normal. Wer zum ersten Mal mit ihr zu tun hat, der wird neugierig gemacht, auf die vielen Facetten, die sie bereithält. Jedes einzelne Heft, das in dem Sonderband Unterschlupf gefunden hat, präsentiert solche Facetten. Eine oder viele. Neben 2 kompletten Story-Bögen finden Leser auch eine Weihnachtsgeschichte und 16 Mini-Erzählungen integriert. Dieser Sammelband wirkte auf mich wie ein Prisma. Denn auch die Zeichnungen waren, ob der unterschiedlichen Verantwortlichen, verschieden, boten mir aber dennoch alle interessante Einsichten. Man kennt das vielleicht, dass es Comics gibt, die man ihres Stils wegen gutheißt, oder sich freut, wenn der eigens geliebte Zeichner wieder am Werk war. Hefte, deren Stil man nur toleriert, geraten schnell wieder in Vergessenheit. Für mich war es in dem Fall so, dass das Faszinosum Fables alles überwog.
Wer gerne wissen will, warum man Hänsel aus Fabletown geworfen hat, oder warum er maßgeblich für die Hexenverbrennungen in Europa im Mittelalter verantwortlich gemacht wird, der muss sich diesen Sammelband ansehen. Wer ein paar lustige Mäuse erleben möchte, die das mathematische und philosophische Prinzip der Deduktion ad absurdum treiben, der muss sich ebenfalls diesen Sammelband ansehen. Und wer Bigby kennenlernen will, der ein wenig von dem Charme eines Wolverine hat, und wissen mag, welche Konflikte zwischen ihm und seinem Vater, Mr. North, schwelen – wer überhaupt einen Pinocchio sehen möchte, der nicht lügen kann oder ein angeblich verwunschenes Stachelschwein, das Frau zum Kuss mit der Zunge verführt, der dürfte sich die Lektüre dieses Sammelbandes nicht entgehen lassen.
Wer sich nicht mit den Fables auskennt, dem muss trotzdem nicht bang werden. Spätestens nach der Lektüre dieses Sammelbands möchte man mehr wissen über diese Welt. 19,95 Euro kostet der Sammelband Fables – Väter und Söhne ist in Pappe eingebunden mit einem faltbaren Einschlag auf tollem Papier gedruckt und meiner Meinung nach jeden Cent wert. Wenn man ein Haar in der Suppe finden will, dann einen einzigen Rechtschreibfehler. Doch eigentlich passt auch der ins Konzept, denn die Welt der Fables ist zu keiner Zeit lupenrein und niemand legt Wert darauf, vielmehr wird auch mit der Moral und Ethik unserer und vergangener Zeiten gespielt.
Normalerweise erscheinen solche einzelnen Comic-Hefte in größeren Abständen. Wer sich den Sammelband besorgt, der kann, wie ich auch an ein oder zwei Tagen beste Unterhaltung erleben. Und wer sich darauf einlässt, kann den vielen Spuren nachgehen, die die Geschichten aufwerfen. Ich kann jedenfalls nach dieser Lektüre verstehen, warum die Fables-Saga von Autor Bill Willingham mehrfach preisgekrönt wurde.
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