Mit Deadly Premonition (jap. Originaltitel: Red Seeds Profile) aus dem Hause Rising Star Games haben wir eines der Games erhalten, an dem sich die Geister zu scheiden scheinen: Entweder man hasst oder liebt es. Wir haben für euch die Xbox-360-Version des Spiels angetestet und uns ein eigenes Urteil gebildet.
Ihr übernehmt die Steuerung des FBI-Agenten Francis York Morgan, einem erfahrenen Profiler auf dem Gebiet der mysteriösen Todesursachen. Nach einer Reihe von brutalen Morden, die alle mit geheimnisvollen roten Pflanzensamen in Verbindung zu stehen scheinen, verschlägt es euch in die fiktive Kleinstadt Greenvale, in der kürzlich die junge Schönheit Anna Graham das Opfer eines grauenvollen Gewaltverbrechens wurde. Dass dies nicht das Werk gewöhnlicher Täter sein kann, wird euch spätestens bewusst, nachdem ihr zu Beginn des Spiels nach einem Autounfall im Wald landet und dort einige erschreckende Begegnungen macht…
Tatsächlich sind Story und Setting die starken Punkte des Abenteuers: Euer Hauptcharakter York ist vermutlich der sympathischste Ermittler der Videospielgeschichte und stellenweise eure Hauptmotivation der Handlung weiter zu folgen. Die Entwickler von Deadly Premonition scheinen viel Wert darauf gelegt zu haben, jedem einzelnen Charakter des Spiels eine Seele einzuhauchen und ihm eine Hintergrundgeschichte und kleinere Macken zu verpassen. Gerade von letzteren hat eurer Protagonist eine ganze Menge: York verfügt über eine gespaltene Persönlichkeit, mit der er in ständigem Dialog steht. Der Spieler selbst wird zu Zach, Yorks Alter-Ego, und erhält stellenweise sogar die Möglichkeit York per Knopfdruck zu antworten oder ihm Zeichen zu geben, wodurch Dialoge und Sequenzen verändert werden. Indem der Spieler quasi zu einem Teil von York wird, erfährt man eine Identifikation mit der Hauptfigur, die man auf diese Art und Weise nur selten erlebt hat. Die Tatsache, dass unser FBI-Agent über eine breite Palette an Ticks und kleinen Spleens verfügt macht die ganze Sache natürlich nicht weniger unterhaltsam und trägt durchaus dazu bei, dass aus York ein runder Charakter wird.
In Sachen Genre handelt es sich bei Deadly Premonition um klassischen Survival-Horror, der durch innovative Open-World-Aspekte weiter aufgewertet wird. Wie in vielen Vertretern des Survival-Horrors steuert ihr York aus der Third-Person-Perspektive, wobei die Kamera größtenteils über eurer Schulter verbleibt und so eine der ersten Schwierigkeiten des Games darstellt. Da ihr die Kamerabewegung nicht manuell justieren könnt, werden Kämpfe, vor allem wenn überraschend neue Gegner von hinten auftauchen, gerne zu einer Nervenzerreißprobe.
Die Gegner, die im Prinzip äußerst stimmig gestaltet sind und zumindest zu Beginn an eine Mischung aus Zombie und Clown erinnern, verfolgen meist dasselbe Muster: Sie nähern sich euch langsam, bis ihr sie in einen Kampf verwickelt und wenn es dann ans Eingemachte geht, dann bewegen sie sich wie im Zeitraffer und rücken euch so gerne mal schnell an die Pelle.
Die Sounds, die die Monster dabei von sich geben, wirken anfangs noch extrem erschreckend, wiederholen sich aber ständig und man stumpft dadurch nach einer Zeit einfach ab. Gegner bleiben noch lange auf dem Boden liegen, selbst wenn sie besiegt sind, und stöhnen noch in die Dunkelheit hinein. Dies stört teilweise extrem, da man so das Gespür dafür verliert, wie viele Gegner noch im Dunkeln lauern. Die musikalische Untermalung ist ansonsten stets stimmig, jedoch scheint es nur gefühlte fünf Musikstücke zu geben, die zwar immer passend eingesetzt werden, sich aber logischerweise auch oft wiederholen.
Der Open-World-Aspekt des Games ist eine der Sachen, die man sich auch bei anderen Spielen dieses Genres gewünscht hätte und der definitiv viel Raum für weitere Verbesserungen lässt. Die Stadt ist sehr weitläufig und über ein großes Areal angelegt, wodurch ihr viel Zeit auf den passend gestalteten Landstraßen verbringen werdet, um von einem Ort zum nächsten zu gelangen. In Greenvale gibt es Mini-Games und Side-Quests in Hülle und Fülle und somit wird das Spiel zu einem Fest für diejenigen, die gerne auf Entdeckungstour gehen.
Ein innovatives Feature ist zudem, dass ihr York bei Laune halten müsst, indem ihr ihn mit genug Schlaf, Nahrung und sauberer Kleidung versorgt und ihm bei Gelegenheit auch Zeit gebt sich zu rasieren. Nur so erscheint ihr bei Zeugenbefragungen seriös genug und könnt eure Ermittlungen erfolgreich abschließen.
Grafisch präsentiert sich Deadly Premonition in einer typischen Japano-Optik, die zwar stellenweise ein wenig überholt wirkt, aber gerade im Charakterdesign ihre Stärken hat. Lediglich ein paar kleinere Fehler trüben den Spaß. Beispielsweise gibt es eine Reihe von Tipp- und Rechtschreibfehler in den Textboxen, sowie kleinere Logikfehler wie die Taschenlampe, die scheinbar unsichtbar aus dem Nichts zu strahlen scheint.
Lange Rede, kurzer Sinn: Deadly Premonition ist eines der Spiele, deren geniales Setting und feines Storytelling durch technische Ungenauigkeiten und scheinbare Flüchtigkeitsfehler überschattet werden. Man sollte allerdings im Hinterkopf behalten, dass es sich hierbei um eine Low-Budget-Produktion handelt, und das Spiel je nach Anbieter bereits ab 20 Euro erhältlich ist. Bei diesem Preis, kann ich durchaus eine Kaufempfehlung aussprechen, für alle, die einen Horror-Krimi für zwischendurch suchen.
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