Ende 2006 kamen die Entwickler Eden Games mit einer Idee um die Ecke, die Blizzard schon vor ihnen hatte: Das Internet zum Auffinden von Gegnern einsetzen. Allerdings haben sie das Konzept auf ein Rennspiel übertragen, worin seinerzeit mit Test Drive Unlimited die Innovation lag. Jetzt versuchen es die Franzosen gleich noch mal und nennen ihr Werk Test Drive Unlimited 2 – was die Polizei davon hält, erörtern wir in unserem Review.
Es könnte so schön sein. Ein Leben auf Ibiza, eine Menge prollige Autos und mittendrin der Spieler. Einfach wundervoll. Aber leider nur ein Traum: In Wahrheit sind wir ein Parkäffchen, das die schicken Karren von innen sieht, aber nur so lange, bis der Wagen ordnungsgemäß seinen Platz im Parkdeck gefunden hat. Und dieser Luxus-Traum macht den Kunden enorm sauer. Netterweise kann man sich aber aus der Misere ziehen, indem man die gute Frau doch noch pünktlich zu ihrem PR-Termin bringt – als Gegenleistung winkt der Posten des Ersatzfahrers beim „Solar Crown“, einem hoch angesehenen Renn-Event.
Was das Umfeld des Spiels angeht, haben sich die Entwickler ganz an ihre eigene Vorlage gehalten: eine märchenhafte Insel. Es geht um Ibiza, wo es fast 1000 km frei zu befahren und erkunden gibt. Nostalgiker sollten noch etwas weiter spielen, denn im Verlauf der Karriere gibt es Oahu, das Setting des ersten Teils, zu befahren. Mit rund 2200 km ist die Hawaiianische Insel im Vergleich zum Vorgänger etwas gewachsen.
In TDU2 fahrt ihr nicht nur diverse Rennmodi, zum Spiel gehört es ebenso, die Inseln zu erkunden. Nach und nach findet ihr immer mehr Nebenmissionen, das gefiel uns insgesamt ganz gut.
Wir fahren also auf Ibiza und es gibt nur die teuersten Autos zu fahren – irgendwie logisch, dass jeder im Geld schwimmt und das nicht zuletzt auch jeden anderen wissen lässt. Doch schnell wird klar, wo die Kohle herkommt. Rücksichtsloses Fahren wird in Test Drive Unlimited 2 belohnt. Egal ob knappe Überholungen, Sprünge oder Drifts, für so ziemlich alles, das man im realen Leben besser nicht tun sollte, gibt es Bares, das mit einem gezielten Druck auf den X-Knopf auf das eigene Konto überwiesen wird. Und wohin mit dem ganzen Geld? Von Auto- und Immobilienkäufen abgesehen, könnt ihr die Kohle in TDU2 wahlweise in die Reinigung eurer Vehikel durch leicht bekleidete Frauen investieren oder in euch selbst. Die neuen Schönheitsoperationen ermöglichen zwar keine Geschlechtsumwandlung, dafür aber fast alle anderen Parameter eures Erscheinungsbildes. Eine lustige Idee fanden wir die Tatsache, nach der Operation im Mumien-Outfit über den Asphalt zu fahren, bis die Narben verheilt sind.
Die Polizei findet die Rowdy-Variante des Geldverdienens weniger witzig, weshalb die Ordnungshüter in alter Test-Drive-Manier die Fahndung aufnehmen. Spaß verstehen sie allerdings überhaupt keinen: Während man bei GTA und Need For Speed noch die Chance hat, die Exekutive abzuhängen, sieht es in TDU2 eher düster aus. Der Strafzettel wird bereits während der Fahrt ausgestellt, wenn die Cops eine Weile in Reichweite waren. Bei Fluchtversuchen über die Wiese kommt der Helikopter zum Einsatz, der eine vergleichbare Macht hat. Gänzlich nackt steht der Spieler da, wenn die Polizei mit ihrem EMP-Angriff zuschlägt – irgendwie unfair.
Das Begleitschreiben mahnt davor, das Spiel als Singleplayer-Titel zu bewerten und verlangt explizit, dass man es im Internet versuchen soll. Das würden wir gerne, werden aber nur zu oft davon abgehalten, weil die Server down sind. An diesem Punkt macht TDU2 einfach keinen besonderen Spaß, denn eigentlich ist das Konzept eines MMO-Rennspiels gar nicht mal ein so schlechtes, vor allem, weil es um gleich zwei große Inseln geht, die man erkunden soll und die für Rennen den Schauplatz liefern.
Test Drive Unlimited kam 2006 auf den Markt und sah damals durchaus passabel aus. Sehr viel hat sich seit dem aber nicht geändert – und während TDU1 noch flüssig lief, hat der Nachfolger viel zu oft mit der Framerate zu kämpfen. Dazu kommen viele Popups und lustige Schattenspiele.
Das alles ist wohl der Preis für die neuen Features, die TDU2 an grafischer Front bietet. Es gibt jetzt einen Tag-Nacht-Wechsel sowie dynamische Wetter-Effekte, die sich zudem auf die
Steuerung auswirken. Apropos Steuerung: Hier wollte Eden Games wohl den Spagat zwischen einem Arcade-Spiel und einer Simulation schaffen. Es gibt eine ganze Reihe von Fahrhilfen, die dem Spieler helfen, seine 400 PS auf der Straße zu halten. Wahlweise können diese abgeschaltet werden.
Ebenso neu ist ein Schadensmodell bei den eigenen Autos. Dieses ist aber mehr schlecht als recht. Angesichts der unberechenbaren, menschlichen Gegner lassen wir das aber als Balance-Entscheidung so durchgehen. Wirklich schön anzusehen sind die Blechschäden aber dennoch nicht.
Bezüglich Sound überrascht TDU2 dann nicht mehr: Er folgt gleich nach der Grafik. Man hört, dass es Autos sein sollen, aber das reicht angesichts der Konkurrenz heute nicht mehr. Eine Art Highlight ist da die deutsche Sprachausgabe, die bezüglich Lippensynchronität und Professionalität den schlecht übersetzten TV-Dauerwerbesendungen aus den USA der frühen 90er Jahre in nichts nachstehen.
Test Drive Unlimited 2 löst in gewisser Weise das Stockholm-Syndrom aus. Auf der einen Seite steht die sehr staubige Technik und die ständig toten Server, aber auf der anderen Seite kommt das Aha-Erlebnis, wenn man es lang genug gespielt hat, um die Grafik nicht mehr bewusst wahrzunehmen und die Server funktionieren. Ein freilich interessantes Erlebnis – aber das reicht nicht wirklich aus, um eine uneingeschränkte Kaufempfehlung für ein Vollpreisspiel auszustellen. Immerhin meistert TDU2 die Pflicht: Rennspielmerkmale sind ganz gut ausgebildet und das Erkunden der Inseln gehört zur Karriere – und einfach sinnlos Herumcruisen ist eine spaßige Nebenbeibeschäftigung.
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