Entwickler Deck13, der bereits profunde Adventure-Kost abgeliefert hat, lässt über den Mönchengladbacher Publisher astragon sein neustes Mystery-Abenteuer „Black Sails – Das Geisterschiff“ vertreiben. Wir haben uns das Point and Click im Test genauer angesehen.
Gruseln, so muss man schon zu Beginn festhalten, sollten Spieler sich vielleicht, werden sie aber kaum. Bis auf zwei, drei wenige Situationen, in denen tatsächlich unverhoffte Ereignisse geschehen, ist der Spieler meist im Besitz des roten Fadens. Der allerdings ist durchgängig, auch wenn er durch lediglich zwei Figuren präsentiert wird. Zwar wechselt das Geschehen zwischendrin, in die Vergangenheit der Erzählzeit, doch sind die Auftritte anderer Charaktere spärlich und es kommt kaum zu Dialogen zwischen anderen Personen als Anna und Lex. Daneben gibt es noch die junge Fiona, von der man allerdings lange nicht weiß, ob es sich nicht nur um ein Hirngespinst handelt.
Wie es letztlich mit Anna und Lex zu Ende geht, darüber kann auch der Spieler entscheiden. Denn Deck 13 haben in den Dialogen einige versteckte Schalter angelegt. Je nachdem wie man antwortet, wird der Verlauf der Geschichte sich marginal verändern. Am größten sind diese Auswirkungen allerdings am Ende der Geschichte zu merken. Es gibt durchaus unterschiedliche Ausgänge der Handlung – welche, das wollen wir nicht verraten.
Die Vertonung der Figuren ist für Deck 13 typisch, sehr gut gelungen. Allerdings sprechen fast ausnahmslos Anna und Lex, wenn sie denn sprechen. Dazu kommt, dass man beim Untersuchen von Objekten zum Teil identische Aussagen präsentiert bekommt. Der Soundtrack selbst, die Hintergrundmusik, bleibt eher blass. Nach einem interessanten Aufgalopp tritt sie erst wieder zum Abspann hin wirklich in den Vordergrund. Ein, zwei markige Schreie sind es, die an ebenso vielen Stellen im Spiel das Versprechen von „Mystery“ einlösen. Ein Spannungsbogen kommt freilich ebenfalls kaum auf, weil für geübte Adventurespieler die Erzählung der Geschichte vom Geisterschiff schon nach 3 bis 4 Stunden vorbei ist.
Ansonsten bleibt die Atmosphäre eher blass und passt sich der Umgebungsgrafik an. Die Engine, die offenbar schon bei Ankh und anderen Titeln aus dem Hause Deck 13 Anwendung fand, wirkt heutzutage nicht mehr zeitgemäß. Hätten wir es mit Comicfiguren à la Sam and Max zu tun, könnte man darüber verhandeln. Doch Anna und Lex möchten zu real wirken als dass man hier ein Auge zudrücken könnte. Besonders schade sind Nahaufnahmen der Figuren, die Anna und Lex in besonders schlechtem Licht überhaupt nicht Lippensynchron zeigen. Und die Mimik der Figuren wirkt oft unbeholfen, schielend und kleinere Animationen, die den Einsatz von Objekten zeigen wirken wie der Akt eines Zauberkünstlers. Denn die Figuren bewegen zwar ihre Hände, und auch ein Geräusch lässt erahnen, was Anna gerade treibt, doch leider sieht man nichts zwischen den Händen sich bewegen. Auch ein „Film-Fehler“ ist uns im Point and Click aufgefallen. Die kleine Fiona steckt sich irgendwann einen Lappen in die Tasche ihres Kleides, tränkt dieses auch mit Ethanol, aber just in dem Moment, da sie dies Tuch in eine Rohröffnung stopfen möchte und es mit einem Streichholz anzündelt, steckt es weiterhin in ihrem Kleidchen. Man sieht zwar, wie Fiona an der Tasche nestelt, doch das Tuch steckt hinterher im Rohr und gleichzeitig verweilt es immer noch im Kleidchen. Sei’s drum. Ein Schönheitsfehler, der für sich allein genommen nicht über Wohl und Wehe entscheidet.
Wie in modernen Abenteuerspielen üblich, kann man sich mittels eines Hotkeys (der Spacebar) anzeigen lassen, mit welchen Objekten man interagieren kann, und wie. Das verleitet dazu, diese Hilfe auch regelmäßig in Anspruch zu nehmen. Allerdings gibt es auch Situationen, in denen das ganz nützlich sein kann, weil der Mauscursor nicht immer eine neue Funktion anzeigt, wenn man über gewisse Gegenstände fährt. Viel eher ist es so, dass manche Objekte nicht vollständig erfasst werden – der Hals einer Wodkaflasche in der Kajüte des Captains zu Beginn ist beispielsweise klickbar, der Bauch derselben Flasche bleibt für die Mausaktionen unsichtbar und unbrauchbar.
Hilfe bei der Lösung von Rätseln braucht es hingegen nicht. Viel problematischer ist, dass manche Lösung zwar auf der Hand liegt, aber nicht unbedingt intuitiv ausführbar ist. Die Usability bei der Fahndung nach der korrekten Route, die das Geisterschiff genommen haben soll, ist mehr als fragwürdig. Mancher Nutzer denkt, alle notwendigen Utensilien beisammen zu haben, merkt aber nicht, dass er sie sich erst noch vergegenwärtigen muss, ehe er sie zum Einsatz bringen kann. Kommentare unter den Komplettlösungen anderer Magazine bestätigen diese Erkenntnis.
[wertung rating=“6″ artikel=“Black Sails: Das Geisterschiff“]
Black Sails – Das Geisterschiff ist eine passable Geschichte, die allerdings viel zu schnell vorbei ist. Nur 3 bis 4 Stunden Spielzeit sind angesichts des Straßenpreises von knapp 26 Euro, kein wirkliches Argument pro Vollpreisspiel. Die Geschichte um das Geisterschiff ist darüber hinaus nicht derart mysteriös, wie die Entwickler es vielleicht im Sinn gehabt haben, und die Rätsel alles in allem eher Schmalspurkost. Die Grafik taugt heutzutage nicht mehr dazu, eine realistisch wirkende Spielumgebung abzubilden. Besonders grotesk wirken Nahaufnahmen der Protagonisten, die nicht lippensynchron wirken, wenn diese Sprechen. Die Synchronstimmen allerdings haben einen guten Job gemacht, nur kann der Audio allein nicht über die anderen Kritikpunkte hinwegsehen helfen. Wer Deck 13 in guter Erinnerung hat, sollte lieber mit Titeln wie Jack Keane eine Ehrenrunde drehen.
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