Anfang Dezember erschien Saboteur und entführt den Spieler in das durch Nazideutschland besetzte Paris des Jahres 1940. Ob sich der Ausflug lohnt und wie nah an der Wirklichkeit das Spiel überhaupt ist, versuchen wir in unserem Review zu klären.
Wir übernehmen die Rolle des aus Irland stammenden Charakters Sean Devlin, eines ehemaligen Mechanikers und jetzigen Rennfahrers. Sein Intimfeind auf der Rennstrecke, Kurt Dierker, bringt Sean auf die Seite des französischen Widerstandes. Denn Dierker ist eben nicht nur Rennfahrern, sondern arbeitet für die deutsche Wehrmacht und ermordet einen der besten Freunde Seans… Eine durchaus gefällige, spielbare Rückblende der drei Monate vor dem eigentlichen Spielstart, verbunden mit einem Tutorial, verknüpft Seans bisherigen Lebenslauf mit seinem jetzigen Aufenthalt in Paris.
Fortan gilt es den Besatzern von Paris das Leben möglichst schwer zu machen. Aufträge erhält der Spieler von der Résistance, dem britischen Geheimdienst oder Privatpersonen. Seans primäre Gegner sind jedoch nicht die Ziele seiner Auftraggeber – vielmehr decken sich seine eigenen teilweise mit denen seiner Kontaktpersonen, oder die zu erwartenden Belohnungen und Informationen sind für Sean nützlich. Oberste Priorität genießt die Rache am Mord seines Freundes durch den Konkurrenten Dierker. Man bekommt als Spieler das Gefühl eine der rauen, unabhängigen Rennfahrerlegenden der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu steuern.
Neben den Missionszielen der Story bieten sich überall in der Stadt zahlreiche Möglichkeiten die deutsche „Streitmacht“ zu „sabotieren“. Ob Flakscheinwerfer und -geschütze, Kontrolltürme, Straßensperren, oder Wachposten – an nahezu jeder Ecke lässt sich etwas mit ein wenig Sprengstoff in die Luft jagen. Als Belohnung für diese Sabotageakte winkt Schmuggelgut (auch für erfolgreiche Missionen), das auf dem Schwarzmarkt zur Freischaltung von Waffen, Karten und Verbesserungen für die mit Sean verbündete Résistance, oder den Kauf von Autos genutzt werden kann. Autos sind in diesem Spiel wichtig, da die offen Spielwelt verhältnismäßig riesige Dimensionen annimmt und große Entfernungen überbrückt werden müssen. Nicht nur das große Paris kann bewundert werden; auch andere Orte wie Saarbrücken und Le Havre müssen besucht werden. Dennoch ist es kein Vergnügen die Vehikel zu fahren, sie sind lediglich Mittel zum Zweck. Open-World bedeutet in „Saboteur“, dass auch alle Gebäude in Paris erklettert werden können, was von Bedeutung ist, um den Blicken der deutschen Soldaten zu entgehen und beispielsweise Attentate oder Infiltrationen erfolgreich zu bewältigen. Betreten werden können Gebäude jedoch nur in Zusammenhang mit den einzelnen Missionen.
Erfolgreich beendete Missionen heben den „dunklen Schleier“ der Naziherrschaft, der die Stadt verhüllt. Zudem erhält man die Unterstützung durch die Bevölkerung der nun befreiten Viertel z. B. bei der Flucht von Sabotageakten, oder die Bewohner erheben sich in einem „Aufruhr“ gegen die Besatzer.
Das im Spiel integrierte Vergünstigungssystem ermöglicht bei Einhaltung bestimmter Zielvorgaben Verbesserungen für Sean freizuschalten. Insgesamt können zehn Disziplinen verbessert werden, beispielsweise der Umgang mit Scharfschützengewehren, der Nahkampf, Fähigkeiten von Seans Autos oder Sabotageakte wie das Zünden von Sprengstoff. Jede Disziplin verfügt über drei Stufen – Bronze, Silber und Gold.
Die wichtigste Anzeige auf dem Spielbildschirm ist die „Sichtbarkeitsanzeige“, die verrät, ob Sean im Blickfeld deutscher Soldaten ist und bis zu welchem Grad die deutsche Streitmacht alarmiert ist. Besonders gesicherte Zonen der Besatzungsarmee können mit einiger Sicherheit durchschritten werden, indem man sich mit Uniformen getöteter feindlicher Soldaten verkleidet. Wird man jedoch entdeckt gilt es das Auslösen eines Alarms zu verhindern, da ansonsten alle „Krauts“ der Stadt hinter Sean her zu sein scheinen. Ist der Alarm einmal ausgelöst, muss man sich schnell in auf der Karte markierten Verstecken verbergen oder die Flucht ergreifen. Gegenwehr führt nur zu einem Ansteigen der Alarmstufen. Bei jeglichem Feindkontakt ist Unauffälligkeit das oberste Prinzip – eine offene Schießerei endet ohne Flucht mit dem Tod und ist doch nur mit einigem Zeitaufwand zu überleben. Daneben kann der Spieler auch mit zunehmendem Spielfortschritt auf die Unterstützung der Résistance zählen; er kann Unterstützung im Kampf anfordern oder sich einen Fluchtwagen bereitstellen lassen.
Ausrüstung kann der Spieler bei zahlreichen Schwarzhändlern der Stadt erwerben. Hier fällt positiv auf, dass Waffen – einmal freigeschaltet – fortan kostenlos zu erhalten sind. Benötigt man also beispielsweise ein Scharfschützengewehr ist dieses schnell zu erwerben und muss nur einmal mit Schmuggelgut bezahlt werden. Das Vergünstigungssystem motiviert zu zusätzlichen Anstrengungen abseits der Story, ist jedoch nicht besonders anspruchsvoll.
Wie schon angesprochen ist das Fahren der Autos kein Vergnügen. Die Lenkung reagiert unsensibel und ruckartig, Schaden an den Fahrzeugen gibt es so gut wie keinen, es sei denn ein Panzer schießt auf diese. Das für das Spiel recht elementare Besteigen von Gebäuden wirkt ungelenk und raubt auch schon mal die Nerven wenn man an einen bestimmten Punkt gelangen muss.
Das große Plus liegt in der Steuerung des Charakters am Boden. Sehr gut umgesetzt sind Dinge wie das Schleichen, Stealth-Angriffe ausführen, in Deckung gehen und sich Feuergefechte liefern.
Störend wirkt das Prinzip des dunklen Schleiers, der die deutsch besetzten Viertel umgibt und im Laufe des Spiels zunehmend gelüftet wird. Es leuchtet zwar ein, doch behindert das viele Grau und Schwarz zum einen beim Spielen, zum anderen „verschleiert“ es die prachtvolle und farbige Innenstadt. Untermalt wird die Stimmung des Spiels durch den integrierten Soundtrack, der mit jazzigen Anteilen aufwartet und typisch französisch klingenden Titeln, die an Chansons angelehnt sind.
Positiv ist auch das Spielmenü. Jede Art von Spielfortschritt und Statistiken werden hier dokumentiert; insbesondere die Karte ist übersichtlich, lässt sich zoomen und mit Markern versehen die Sean à la GPS (wird auf einer Minimap angezeigt) auf dem schnellsten Weg zum gewünschten Ziel führen.
Saboteur kommt als eine Mischung von GTA, Assassin’s Creed und einem Sneak and Destroy Titel wie Metal Gear Solid mit Shooter-Elementen auf den Bildschirm. Vor allem die Anteile des letzten Genres überzeugen, die jedoch gezwungen wirkenden Anteile von Games wie GTA und eben Assassin’s Creed vermögen nicht zu überzeugen. Während das Fahren von Autos keine großen Anteile einnimmt und auch eine logische Notwendigkeit darstellt, um Entfernungen zu überbrücken, ist das Klettern in den Häuserschluchten von Paris recht monoton und teilweise zeitaufwendig. Den Entwicklern von Pandemic – übrigens ist es ihr wahrscheinlich letzter Titel – ist es jedoch überaus gut gelungen die Stimmung der 1940er Jahre zu vermitteln. Grafisch sehr ansprechend ist die Gestaltung von Paris und Dörfer, die die Stadt umgebend. Wer schon einmal in Paris war wird durchaus Sehenswürdigkeiten und Stadtteile wieder erkennen können. Obwohl die Missionen sehr linear ablaufen wird genügend Spielvergnügen generiert, um das Spiel auch zu beenden – Schleichmissionen, Sabotageakten und Feuergefechten gelingt es, ihren Reiz auf den Controller zu übertragen.
Insgesamt ist der Titel durchaus zu empfehlen, auch wenn die Mischung verschiedenster Spielelemente nicht zu einem perfekten Game geführt hat. Gerade diese Mischung macht aber den Reiz dieses Spiels aus, insbesondere die Atmosphäre des Zweiten Weltkriegs in einer besetzten Stadt war so noch nie in einem anderen Titel zu finden.
Schreibe einen Kommentar