Mount & Blade im Test. heißt das neue Spiel von Paradox Interactive. Es geht nicht, wie der Name vermuten lässt, um das Einbinden von Geräten auf einem Bladeserver, sondern um ein Spiel, das im Mittelalter stattfindet. Denn außer Festplatten lassen sich auch Pferde mounten und genau das geschieht hier.
Als erstes wird man über sein Leben ausgefragt, als würde man sich mit lückenhaftem Lebenslauf in einem Bewerbungsgespräch befinden. Der Unterschied ist, dass es hier nicht darum geht, möglichst glaubwürdig zu lügen, da das Spiel einem sowieso glaubt, sondern seine Spielfigur zu formen. Wer seine Kindheit und Jugend am feinen Hof verbracht hat, zur Schule gegangen ist und brav die Füße unter Papas Tisch gestreckt hat, der wird eher mit Charisma und Intelligenz ausgestattet, als der Nomade, der in der Wildnis Spuren von Tieren lesen gelernt hat und freihändig reiten kann.
Der Charakter wird mit den Hauptattributen Stärke, Wendigkeit, Intelligenz und Charisma ausgestattet, die ihn notwendigerweise begrenzen. Es gibt nämlich eine umfassende Auswahl an Fähigkeiten, die durch die Hauptattribute beschränkt werden. Wer Taktiken oder Chirurgie steigern möchte, braucht dazu viel Intelligenz. Im Gegensatz dazu benötigen die Fähigkeiten Bogenzugkraft und Schlagkraft natürlich Stärke. Der dritte Bereich stellt den Umgang mit den Waffen dar. Hier werden pro Stufe zehn Punkte vergeben, für jeden Punkt in Wendigkeit (Charakterattribut) fünf weitere. Nun kann man sich auf Stangenwaffen und Armbrüste konzentrieren oder auf Zweihänder und Bögen. Wie eigentlich immer, sollte man sich in der Wahl auf einige beschränken.
Nach der Formung des Charakters beginnt auch schon das Spektakel: Wir finden uns in einem der Königreiche von Caladria wieder. Nun erinnert das Ganze etwas an Heroes of Might and Magic – nur eben ohne Magie. Man zieht über eine strategische Karte, es sind einige Burgen, Dörfer und Städte eingezeichnet und man begegnet anderen Bewohnern dieser mittelalterlichen Welt.
An diesem Punkt stehen dem Spieler auch gleich vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung. Denn man kann einerseits Waren von Stadt zu Stadt bewegen – günstig einkaufen, teuer verkaufen. Wem das zu ehrlich ist, der kann andererseits sogar Karawanen bestehlen oder Dörfer ausplündern, abfackeln, rauben, morden und andere Dinge mehr, die versprechen könnten, Spaß zu machen. Die Leute, die in Ethik aufgepasst haben, dürfen im Gegenzug Karawanen selbstredend eskortieren, Dörfer von Räubern befreien und wichtige Aufgaben des Königs und seiner Vasallen erledigen.
Da ich mich an Kants kategorischen Imperativ ungefähr erinnern kann, habe ich mich direkt dazu entschieden, mein Handeln nach einer Maxime auszurichten, die zur allgemeinen Gesetzgebung taugt. Also darf ich nun für 30 Dinare wichtige Briefe des Königs zu seinen besten Freunden bringen, die mir dann danken und mir wiederum tolle Aufträge anbieten.
Hat man diesen Spaß einige Male gemacht, wird man in den Augen der übrigen glaubwürdiger und darf nun sogar die Steuern eintreiben. Allerdings wird der edle Kämpfer des Rechts hierbei vor die Wahl gestellt, ob er die Bürger mit Gewalt zur Zahlung einer kleinen Spende für den Meister zwingt oder seinem Herren nicht die volle Summe bringt. Beides hat seine Nachteile, so streicht der Fürst einfach die Belohnung von der Liste, wenn man nicht genug Schotter mitbringt. Andererseits werden die Dorfbewohner sauer, wenn man handelt wie geheißen – ganz zu schweigen von den Gefährten, die man mit auf seinen Weg genommen hat. Denn diese sind nicht selten von Rechtschaffenheit durchzogen und missbilligen solches Verhalten schnell. An dieser Stelle fängt der Realismus aber erst an.
Wo ist nun der Unterschied zu Heroes of Might and Magic? – Die Kämpfe finden nicht auf einem Feld mit sechseckigen Kästchen statt, sondern auf einem richtigen Schlachtfeld. Man selbst ist mit von der Partie und reitet mit seinen Swadischen Waffenkechten auf den Feind zu, oder befiehlt Vaegirs Meisterschützen auf einen Berg, um einen Pfeilhagel vom Himmel zu beschwören. Das Kämpfen ist in Mount & Blade alles andere als ein „One-Click-Combat“ System. Nur genaue Treffer zählen. Wer also mit dem Pferd an einem Armbrustschützen vorbeireitet, muss mit seinem Schwert auch wirklich treffen, um Schaden anzurichten.
Dies ist für Anfänger kein leichtes Unterfangen. Hier zeichnet sich schon ab, dass Mount & Blade eher ein Spiel für Hardcore-Spieler als für Gelgenheitsspieler ist. Der Umgang mit dem Bogen will ebenfalls erst erlernt werden. Nicht nur der eigene Charakter fängt mit miserabler Treffsicherheit an; die meisten Spieler werden erstmal ein Gefühl entwickeln müssen, wie man reitend einen rennenden Gegner trifft. Höchstens jeder zehnte Schuss ist ein Treffer. Und mit einer Lanze einen anderen Reiter vom Pferd zu stoßen erfordert sehr gutes Timing und eine Portion Glück, dass der andere Reiter seinen Kurs nicht unerwartet ändert.
Wenn man erstmal den Dreh raus hat, ist man froh, dass hier keine öden Kämpfe stattfinden, sondern eine Massenschlacht – mit sich selbst mittendrin statt nur dabei. Dabei geht es brutal zur Sache und explizite Gewalt wird aus der Nähe gezeigt. Trotzdem ist die Gewalt nicht übertrieben und stellt nur das nötigste dar, um die Atmosphäre einer Mittelalterschlacht zu transportieren.
Zu Beginn wird man überwiegend auf offenem Feld kämpfen. Das können weite Steppen sein, hügelige Gebirge oder Täler, die von Flüssen durchzogen werden. Zwar sieht man regelmäßig vereinzelt Bäume umher stehen, aber selten einen richtigen Wald.
Dörfer, die von Banditen befreit werden müssen, gibt es überdies. In so einem Fall rückt man mit seiner Armee und den Bauern, die sich anschließen, in das Dorf vor und räumt gehörig auf. Das Highlight sind sicherlich die riesigen Schlachten um Burgen und Städte. Wir müssen die Burgmauern erklimmen und den Verteidiger aus der Burg werfen, wenn wir Erfolg haben wollen. Als Zugang zur Burg fungiert indes nur eine Leiter oder ein Belagerungsturm. Weniger gut gelungen, wenn unsere Aufgabe sein soll, die Burg einzunehmen – andersherum kann dies zum Vorteil werden, wenn wir später mal eine Burg verteidigen müssen, dann nämlich ist es unter Umständen sehr einfach diesen einzelnen Eingang zu verteidigen.
Natürlich geht selbst dem edelsten aller Botenjungen das ständige Ausführen von guten Taten auf den Zeiger, sodass man sich irgendwann mal um seine Altersvorsorge kümmern muss. Da der König sein Geld lieber in Wein, Weib und Gesang investiert und der Herr Riester zur damaligen Zeit noch nicht gewirkt hat, muss man sich etwas anderes überlegen. Eine Möglichkeit ist natürlich – und die bietet sich dem Spieler früher oder später von selbst an – Vasall eines Königs zu werden. In diesem Fall kriegt man ein schönes Dörfchen überreicht und darf dann sogar Burgen für sich beanspruchen.
Hat der König in der Folge einen spendablen Tag, kommt er diesem Anspruch nach und vermacht dem Spieler eine kleine Burg. Dort werden fleißig Steuern eingetrieben und Rekruten angeheuert. Das Anheuern ist allerdings schon zu Beginn eine wichtige Tätigkeit für den Spieler, weshalb es jetzt primär darum geht noch mehr Lehen an sich zu reißen. Mit der Zeit wird es einen immer öfter ärgern, dass der feine Herr König überwiegend in seiner Stadt sitzt und einem nur jedes 2. oder 3. eroberte Lehen vermacht. Also schwört man ihm ab und wird einfach sein eigener Herr. In diesem Fall erschafft man das Reich der Rebellen. Die perfekte Gelegenheit um erstmal den Breiten zu markieren.
Leider kommen dann auch schon die Vasallen des Königs angeritten und beleidigen den neuen Immobilienmakler mit bösen Phrasen wie „Schmutzpuckel, garstiger!“ oder „Elender Hundsfott.“ In seiner Ehre gekränkt, werden die Vasallen erstmal auf die Bretter geschickt und Gefangen genommen. Leider sind Fürsten und Vasallen viel zu dekadent, weshalb man sie nicht an den örtlichen Lösegeldvermittler oder Galeerensklavenhändler verkaufen kann, wie die anderen Gefangenen. Doch mit der Zeit trudeln Angebote ein, die mehrere Tausend Dinar in das Säckel fließen lassen, als Tausch gegen den Fürst.
Leider ist man noch nicht König von Gottes Gnaden und die anderen Königreiche sind nicht allzu begeistert vom neuen Konkurrenten. Nun gilt es für den Spieler erstmal das Reich zu festigen, die Burgen und Städte mit Verteidigern zu füllen und eifrig die Grenzen zu verteidigen. Dabei hat man allerhand zu tun: Dörfer abklappern, Rekruten werben, Rekruten ausbilden, Nahrung einkaufen, Belagerungen auflösen.
Hier lässt das Spiel etwas die Funktion vermissen, selbst Vasallen halten zu können, die einem die Arbeit etwas abnehmen. Wenn man nun zwei bis drei Städte sein Eigen nennt und von den unterlegenen Königreichen zögernd erste Friedensangebote eintreffen, hat man sicher schon einige Wochen Mount & Blade gespielt.
Diese Tatsache muss man ganz besonders loben. Denn Mount & Blade fesselt den Spieler wirklich lange. Es gibt viel zu erkunden und viel auszuprobieren. Zudem endet das Spiel nicht abrupt. Selbst wenn man mal gefangen wird, verliert man zwar seine Armee und während dieser Zeit auch Lehen, aber es ist nicht so frustrierend, wie in vielen anderen Spielen.
Außerdem gibt es Turniere, bei denen man mitmachen kann. Wer dabei noch Geld auf sich selbst setzt, kann große Gewinne erzielen. Neben den Arenen finden sich noch Schänken in den Städten. Dort lungert allerlei Gesindel rum, das einem Informationen verkauft oder für einen Sold der eigenen Seite beitritt.
Ein Teil des anheuerbaren Gesindels ist dann sogar eine Art Held. Ihn kann man beim Erreichen einer neuen Stufe mit neuen Fähigkeiten ausstatten, und mit Gegenständen ausrüsten, ähnlich wie den eigenen Charakter. Deshalb muss der Spieler versuchen die wichtigsten Fähigkeiten abzudecken, denn ohne Chirurgen bleibt von seiner Armee nach einer großen Schlacht nicht viel übrig, aber ohne Konstrukteur ist keine Belagerung zu gewinnen. Außerdem muss gehandelt werden und kämpfen muss am Ende auch noch jemand. Also gibt es einiges zu tun für die Truppe des Helden.
Daraus lässt sich ablesen, dass Mount & Blade überwiegend ein Action-Rollenspiel ist, bei dem der Spieler zum einen seinen Charakter und seine Party leveln muss, und zum anderen als geübter Schütze oder mutiger Schwertkämpfer in der Schlacht alles geben. Abgerundet wird das Spiel durch viele strategische Überlegungen, die man treffen kann. Häufig gilt es die Entscheidung zu fällen, ob man nun lieber die Burg im Westen oder die Stadt im Osten verteidigt, ob man einen Auftrag annimmt oder lieber gleich den Unmut kassiert und ablehnt. Insgesamt bietet Mount & Blade eine besonders große Optionsvielfalt an.
Grafisch ist Mount & Blade vollkommen akzeptabel, wenngleich keine Augenweide. Es gibt zahlreiche Details, und man sieht z. B. die Pfeile nur so an einem vorbeirauschen. Das schafft Atmosphäre und macht das Spiel ansehnlich. Die strategische Karte hingegen ist leider sehr hässlich. Dort gibt es kaum Details und die Landschaft sieht aus, wie erste Gehversuche im dreidimensionalen Grafikraum vor 15 Jahren.
Das Inventar ist ebenfalls sehr lieblos gestaltet. Ein rostiges Schwert sieht fast immer so aus wie ein gewöhnliches oder meisterhaftes Schwert. In diesem Punkt erfüllt Mount & Blade die Erwartung nicht. Trotzdem sehen dieselben Soldatentypen durchaus mal unterschiedlich aus, also scheint man über solche Dinge bei der Entwicklung zumindest zeitweise nachgedacht zu haben. Wenn man danach geht, dass die Grafik Atmosphäre schaffen soll und der Inszenierung von Schlachten dienlich sein, erfüllt sie diese Anforderungen voll und ganz. Schön wäre es gewesen, wenn die Optionen zur Grafikreduzierung wirkliche Performance-Vorteile bringen würden; dem ist nicht so.
Akustisch enttäuscht Mount & Blade. Die Musik wirkt eher eintönig, und die Sounds wiederholen sich sehr oft. Zusätzlich wird das Gebrüll am Ende eines erfolgreichen Kampfes oder bei heranstürmenden Truppen irgendwann sehr nervig. Die Vielfalt an Waffengeräuschen ist sicher nichts Besonderes mehr. Somit müssen sich die Entwickler hauptsächlich auf die inneren Werte verlassen (haben). Die aber überzeugen: Nicht zuletzt die freie Spielewelt ist ein Garant für Langzeitspaß.
Wir versuchen die Weltherrschaft an uns zu reißen. – Für Mount & Blade bedeutet dies, immer alles erobern zu wollen, was in der Nähe liegt. Eben solang, bis man alles besitzt. Vielleicht kein besonders komplexes Spielziel. Doch bis es fad wird, hat man sicher viel Zeit mit dem Spiel verbracht. Ein Mehrspielermodus fehlt komplett.
Neben dem beinahe Endlosspiel gibt es noch Schnellgefechte, die aber kaum Bedeutung haben, da ähnliche Schlachten im eigentlichen Spielbetrieb zuhauf stattfinden und demnach kein besonderer Reiz vorhanden ist, sie einzeln zu exerzieren.
Ich persönlich hatte viel Spaß beim Spielen mit Mount & Blade, erkenne aber eindeutig das Problem, dass so genannte „Casual Gamer“ mit dem Spiel wenig anfangen können, da ihnen die Steuerung schon sehr früh die Freude rauben könnte. Ansonsten finde ich die Mixtur aus Planen, Gespräche führen, Kämpfen und Handel treiben sehr gelungen.
Ein Kritikpunkt ist der überproportional vertretene Kampfanteil, der mitunter nervig werden könnte. Der Umstieg auf eine andere Waffe verspricht zumindest kurzfristig Abwechslung. Mit Mount & Blade hat man sicherlich ein ausgewogenes Spiel, das einem keinen linearen Weg vorgibt und gleichzeitig den Strategen und die Kämpfernatur anspricht. Wer Oblivion mag, und möglicherweise noch Heroes of Might and Magic oder Jagged Alliance, und sich im Mittelalter wohl fühlt, dem kann Mount & Blade langfristig Spaß machen. Wenngleich ich eigentlich nicht der Mittelalter-Fan bin, muss ich zugeben, dass es durchaus Spaß macht, mit Bogen und Zweihänder eine Burg einzunehmen.
Leider gibt es an vielen Ecken und Enden einige Ungereimtheiten, die negativ auffallen, teilweise ein kleines Ärgernis darstellen. Trotzdem wurden meine Erwartungen übertroffen und ich kann das klassenlose System, sowie die Freiheit nur befürworten. Die Entwickler haben versucht einen hohen Grad an Realismus zu erreichen und das wirklich gut hinbekommen. Herausgekommen sind keine faulen Kompromisse, sondern sinnvolle Mittelwege. Mein Lob dafür an die Entwickler. Man hätte sogar an mancher Stelle auf ein wenig Realismus verzichten dürfen, und damit dem Spielspaß noch mehr Raum zur Entfaltung angeboten.
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