Wer Fans hat, braucht für den Hype nicht zu sorgen: Rockstar Games hat seine Marketingabteilung nicht mehr beansprucht als in den Vorjahren. Trotzdem hat der Verkaufsstart des neuen Grand Theft Auto alle bisherigen Verkaufsrekorde gebrochen. Ob das Open-World-Game den hoch gesteckten Erwartungen der Spieler gerecht werden kann, verraten wir euch in unserem Test zu GTA 4.
Als Niko Bellic das Schiff in Liberty City verlässt, weiß er noch nicht, dass sein Cousin Roman ihm all die Jahre ein falsches Bild von Amerika vorgeschwärmt hat. Das wird sich bald ändern.
Roman hat Niko überredet, nach Amerika auszuwandern, nach Liberty City. In seiner alten Heimat, Serbien, war Niko bereits bekannt. Dort hat er Menschen umgebracht, geschmuggelt und noch mehr auf seinem Kerbholz.
Roman verspricht Niko, dass sich alles schon regeln wird. Solange kommt Niko in einem kleinen Apartment unter. Zunächst werdet Ihr Roman helfen, sein Taxiunternehmen auf Vordermann zu bringen. Ihr kutschiert Einwohner Libery Citys von A nach B. Doch schon bald beginnt das Desaster. Niko wird von seiner Vergangenheit eingeholt und tötet wieder – auf Romans Wunsch hin. So steigt Niko Bellic in Grand Theft Auto IV Stück für Stück wieder in den Untergrund der Stadt ab.
Die Entwickler haben sich alle Mühe gegeben Details in Liberty City unterzubringen. Wie in früheren Teilen gibt es wieder einen Tag-Nacht-Wechsel, sowie verschiedene Wettereffekte. Je nach Sonnenstand und Bewölkung verhält sich das Sonnenlicht anders und wird entsprechend reflektiert. Schatten werden von allen beleuchteten Objekten geworfen und zwar physikalisch korrekt in Echtzeit. Die verwendete Grafikengine RAGE (Rockstar Advanced Game Engine) zeigt ihre Stärke auch bei Personen. Es sieht niemand aus wie der andere. Je nach Stimmung verzieht sich das Gesicht des NPC.
Die Soundkulisse ist eine der großen Stärken der Serie. Sie fällt gewohnt gut aus. Die Synchronsprecher der Charaktere wurden sorgfältig ausgewählt. Die Autos klingen glaubwürdig und jedes hat seinen eigenen Klang. Damit uns während der Fahrt nicht langweilig wird, sorgen 18 Radiosender für Abwechslung. Einige davon haben sich auf Talkshows spezialisiert, andere spielen lizenzierte Musik. Die Sprachausgabe ist auf Englisch, auf Wunsch bekommt Ihr deutsche Untertitel angezeigt.
Es gibt nicht nur Positives zu berichten. Im Test ist Microsofts Xbox 360 gelegentlich etwas überlastet. Die Konsole ruckelt beispielsweise, wenn im Straßenverkehr ein Katz-und-Maus-Spiel stattfindet. Dies geschieht nicht selten bei der Hatz mit der Polizei. Die PlayStation 3 bleibt von dieser Krankheit nicht verschont. Das geht aus Erfahrungsberichte anderer Spieler hervor.
Auf Staunton Island in GTA III gab es das Internet-Café TW@. Dieses existiert in GTA IV erneut. Ihr könnt mit Niko dort diverse Informationen und Aufträge über seine E-Mail-Adresse beziehen. Das fiktive Internet hält Artikel über das freie Betriebssystem Eunux bereit, bietet eine Flirtbörse und insgesamt ein Sammelsurium von ca. 100 Webseiten.
Das Handy hat, anders als in früheren GTA-Spielen, eine zentrale Rolle in Grand Theft Auto IV. Niko erhält darüber Aufträge, kann Lageberichte abgeben und Freunde zu einer Aktivität einladen. Selbst den Mehrspielermodus verwaltet Ihr darüber. Im Verlauf des Spiels bekommt Niko sogar ein modernes Handy, das mit Klingeltönen gefüttert werden kann. Im „Internet“ kann man neue kaufen, zum Preis von 100 Dollar. Über die Rufnummer 911 kann der Spieler sogar Feuerwehr, Polizei oder Ambulanz rufen. Letzteres ist nützlich, wenn Eure Lebensenergie weniger wird und Ihr sie nicht anders auffüllen könnt.
Die Polizei ist in Liberty City nicht wegzudenken. Ihre Arbeitsweise hat sich grundlegend geändert. Sie geht systematischer vor, fahndet allerdings nur noch in einem gewissen Umkreis. Wird dieser für einige Zeit verlassen, gehen die Gesetzeshüter anderen kriminellen Machenschaften auf den Grund und lassen Niko in Ruhe – bis zum nächsten Mal. Je mehr Aufmerksamkeit Niko auf sich zieht, desto besser sind die eingesetzten Beamten ausgebildet. Beispielsweise kommt dann der Polizei-Helikopter ins Spiel, dem man nicht ohne Weiteres entkommen kann.
Das Polizeiauto kann man ebenfalls klauen. Es wurde um eine Verbrecherkartei erweitert. Wenn der Polizeiwagen steht, kann sich Niko in den Polizeicomputer einwählen und Fahndungsbefehle für bestimmte Verbrecher ausrufen. Der Aufenthaltsort dieser Personen wird dann ermittelt und auf der Mini-Map eingetragen. Hilfssheriff Niko kann sich ihnen annehmen.
Einer unserer Auftraggeber ist Brucie, der neben Körperertüchtigung Autos und Frauen im Kopf hat. Er bringt uns recht früh zum Motorsport in GTA IV. Regelmäßig finden illegale Straßenrennen statt. Brucie kennt sie alle. Doch die Polizei wacht mit dem Auge des Gesetzes. Das gelungene Schadensmodell erschwert die Situation. Nahezu keine Feindberührung bleibt ungestraft; sei es ein Lackschaden, eine Beule oder ein Totalschaden.
Nur in den seltensten Fällen ist ein Auto unverschlossen geparkt. In der Regel muss sich Niko Zugang verschaffen, zumeist die Scheibe einschlagen, anschließend die Zündung kurzschließen. Diese Prozedur dauert deutlich länger als früher. Die Polizei ist, was Autodiebstähle angeht, deutlich wachsamer.
Das Fahren zu einem bestimmten Ziel ist wieder ein zentrales Element. Wer jedoch keine Lust hat, eine so große Tour zu unternehmen, kann bei Cousin Roman anrufen und ein Taxi bestellen. Darin kann man die Fahrt von der Rückbank aus genießen, oder sie überspringen.
Nach GTA2 verfügt GTA IV wieder über einen Mehrspielermodus. Dieser läuft über Xbox Live bzw. das Playstation Network und bietet verschiedene Spielmodi. Nicht weniger als 15 gibt es, in denen bis zu 16 Spieler gegeneinander antreten können. Die Modi sind abwechslungsreich gestaltet – es gibt beispielsweise Deathmatch, Team-Deathmath, Autorennen, „Mafiya Work“ und „Cops ’n Crooks“.
Die Autorennen unterteilen sich in zwei Klassen: einerseits die normalen Autorennen und die GTA-Autorennen. Letztere erlauben den Einsatz von Waffen. Die Arbeit für die „Mafiya“ ist ein Spielmodus, in dem eine Mission von einer Gruppe von Spielern erledigt werden muss. Dabei müssen z. B. Autos geklaut und Ziele getötet werden. „Cops ’n Crooks“ ist für all diejenigen interessant, die schon immer mal „auf der anderen Seite“ stehen wollten. Es werden zwei Gruppen gebildet, Verbrecher und Polizei. Aufgabe der Gangster ist es zu entkommen, während die Polizei die Gangster stellen muss. Das Spiel bietet darüber hinaus noch weitere Möglichkeiten, wie das Autoklauen unter Zeitdruck, bei dem derjenige gewonnen hat, der am schnellsten alle Autos „gesammelt“ hat.
Sehr gut haben uns zahlreiche Kleinigkeiten in Liberty City gefallen. In Rot-Phasen an der Ampel werfen einige NPC ihren Kaffeebecher aus dem Fenster, andere meckern über alles, was ihnen einfällt, oder bewegen sich rhythmisch zur Musik aus ihrem Autoradio. Die Stadt wirkt dadurch lebendig und glaubwürdig.
Neu in GTA IV sind Freizeitaktivitäten, die vorzugsweise mit Freunden im Spiel genossen werden können. Highlights sind neben Bowling und Dart, vor allem die Kabarett- und Comedian-Shows, die sehr unterhaltsam sind und nicht immer so verlaufen, wie sich die Akteure die Show gewünscht haben.
Nach 40 Stunden Grand Theft Auto IV und einem Spielfortschritt von 55% haben wir so Vieles noch nicht gesehen. Der Humor im Spiel trifft den aktuellen Zeitgeist und viele Dinge „aus dem wahren Leben“ werden satirisch auf die Schippe genommen. Selten war Geld besser in ein Spiel angelegt – Grand Theft Auto IV ist eine absolute Kaufempfehlung.
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