Nach jahrelangem Warten, diversen Pre-Order-Aktionen und Unmengen Vorfreude halten wir seit dem 10. Juni die Fortsetzung von Duke Nukem aus dem Hause 2K in den Händen. Wir erhoffen uns ein unglaubliches Comeback des Sprüche klopfenden Muskelprotzes und erläutern im Review, ob den Erwartungen nachgekommen worden ist.
Vierzehn lange Jahre mussten Fans von Duke Nukem warten bis endlich ein neuer Teil produziert wurde, nachdem im Januar 1996 Duke Nukem 3D das Licht der Welt erblickte. 3D Realms haben damals mit der ganzen Sache angefangen, doch lange dachte man, Duke Nukem wird nicht mehr in unsere Wohnzimmer zurückkehren. Glücklicherweise fanden sich ein paar beherzte Programmierer der Triptych Studios, die zusammen mit Gearbox Software und Piranha Games Duke Nukem Forever entwickelten. Vertrieben von 2K Games und mit aller Hand Warnhinweisen auf Drogen, Schimpfwörtern und Glücksspiel auf der Verpackung ausgestattet, schaffte es der Duke endlich in die Regale.
Mit derben Sprüchen, der deutschen Synchronstimme von Actionlegende Bruce Willis (oder dem Originalsprecher von Duke Nukem), unnötigen Obszönitäten und sexuellen „Anspielungen“ punktet Duke Nukem Forever meiner Meinung nach erneut und erstrahlt in proletischem Glanz. Einige Jahre sind im Spiel vergangen, seit der Duke die Welt vor fiesen Aliens gerettet, und dabei halb Los Angeles zerlegt hat. Nun wollen sich die Viecher aus dem All an der Menschheit und vor allem an seinem mittlerweile beliebtesten Exemplar rächen und treffen dabei einen wunden Punkt des unverwüstlichen Machos: Sie stehlen seine heiß-geliebten Babes – und zwar alle! Das kann Duke Nukem, der inzwischen zur Sensation in sämtlichen Medien geworden ist und riesige Villen besitzt, natürlich nicht auf sich sitzen lassen, und so beginnt erneut eine spektakuläre Jagd auf Alien-Gesocks!
Wie gewohnt zieht Duke Nukem, mit vulgären Ausdrücken auf den Lippen und der Lust nach Zerstörung, los – diesmal mit einem noch größeren Waffenarsenal von der Handfeuerwaffe bis zum Raketenwerfer, riesigen Alienwaffen und Schrumpfstrahlern. In Ego-Perspektive ballert ihr aber nicht nur durch die Gegnermassen, auch eure stählernen Fäuste kommen wieder zum Einsatz. So nehmt ihr, wie damals, Steroide zu euch, um Feinde mit bloßen Händen zu zerfetzen und „exekutiert“ einen paralysierten Alien. Indem ihr ihm den Kopf vom Körper kickt, füllt sich eure Egoleiste wieder auf, die so viel wie euer Schutzschild ist. Generell lebt Duke Nukem so extrem wie noch nie eine etwas eigene Vorstellung vom amerikanischen Traum: dicke Knarren, viel Gewalt und das Wohlwollen der Frauen. Überhaupt sparen 2K Games und Gearbox nicht mit Schweinereien im Spiel, sei es auf der Gewalt- oder der sexuellen Ebene. Der Proll unter den Videospielhelden feiert hier ein Comeback auf dem Bildschirm, in dem die schräge Story wie immer bewusst im Hintergrund steht und man sich jederzeit in einen Actionfilm der überzogensten Art versetzt fühlt.
Ihr steigert euer „Ego“, indem ihr zu Beispiel am Automaten zockt oder eure Muskeln aufpumpt. Als Hilfsmittel stehen euch neben Waffen und schweren stationären Geschützen Granaten, Bomben, sowie Bier zur Stärkung (Zitat: „Bier macht dich härter“) und besagte Steroide zum Aufputschen zur Verfügung. Das Gameplay besteht in erster Linie daraus, euch durch unterschiedlichste Szenarien zu feuern, darunter Casinos, Alienbrutstätten oder die Straßen von Las Vegas. Dabei habt ihr nicht nur die Aufgabe, Gegner in allen Größen und Formen in epischen Schlachten zu vernichten, sondern müsst tatsächlich das eine oder andere Rätsel knacken, und Geschick und Verstand einsetzen, um den richtigen Weg durch die Level zu finden. Natürlich sprechen wir an dieser Stelle nicht von Rätseln, wie wir sie aus Point-and-Click-Abenteuern kennen – sie sind sicherlich weniger anspruchsvoll, aber immerhin vorhanden.
Duke Nukem Forever ist nicht bloß ein plumper Egoshooter in futuristischem Szenario, sondern bietet meiner Meinung nach Abwechslung wie nie: ihr spielt hin und wieder sogar ein kleines Intermezzo als geschrumpfter Miniatur-Duke und müsst die Spielwelt aus der Froschperspektive erkunden. Spieler der Demo werden sich an die bombastische Höllenfahrt im Monstertruck durch die Wüste Nevadas erinnern; diese Passage ist sogar noch ein wenig optimiert worden und war beim Spielen mein persönliches Highlight.
An Umfang mangelt es bei Duke Nukem Forever ebenfalls nicht: der Spielverlauf ist zwar linear, ihr könnt aber jederzeit in Level zurückkehren, um sämtliche Geheimnisse zu entdecken. Ebenfalls gibt es allerhand Schabernack, den ihr in der Spielwelt treiben könnt, um euer Ego zu steigern oder besondere Trophäen zu gewinnen. So könnt ihr beispielsweise einen Haufen aus dem Klo nehmen, was für euer Ego zwar schlecht ist, aber immerhin eine Trophäe einbringt.
Auch an der Gegnervielfalt ist bei Weitem nichts auszusetzen, auch wenn viele andere Tester dies bisher anders gesehen haben. Die Aliens haben viele verschiedene große und kleine Formen, die alle unterschiedliche Attacken beherrschen und oft individuelle Strategien abverlangen, um besiegt zu werden. Riesenhafte Bossgegner sind beispielsweise mit Raketenwerfern zu bekämpfen, andere Widersacher im Nahkampf anzugehen oder ganz einfach zu schrumpfen, damit sie bequem platt getreten werden können. Mit Minen haltet ihr größere Gegnermassen auf, oder ihr macht Gebrauch von Gegenständen wie explosiven Fässern, die ihr dem Feind dann schlicht an den Kopf schmeißt. An Blutrünstigkeit wird hier nicht gespart, genauso wenig wie an makaberem Witz: Bossgegner werden, ähnlich wie in Games à la Dantes Inferno nach dem Kampf erklommen und erhalten einen brutalen Gnadenstoß, einer sogar einen Schlag in die Weichteile. Das Design der meisten Monster ist Schweinen nachempfunden. Die „normalen“ Gegner sind leider aber nicht immer die cleversten – wer Wohlwollen an den Tag legt, könnte hier behaupten, dass Gearbox die KI absichtlich ein wenig reduziert hat, um eine Schublade zu öffnen. Schweine sind scheinbar keine guten Schützen. Seinen Humor behält das Design bei den fiesesten Monstern jedoch, so kämpft ihr unter anderem gegen ein gigantisches Alien mit ungerader Zahl von weiblichen Brüsten. Wenn das mal nichts ist!
Leider ist nicht alles so perfekt in Dukes Welt, wie wir uns wohl erhofft hatten. Grafisch machen die schön gestalteten Level zwar einiges her: gerade Szenarien in Stripclubs und Schnellrestaurants sind unheimlich detailliert und interaktiv, vom Kippenautomaten bis hin zur reich bestückten Bar. Jedoch kann man in Sachen Grafikengine heute wirklich mehr erwarten. Wasser ist meist eine einfache blaue Fläche, in Las Vegas liefert man sich harte Straßenschlachten, aber zwischen Autos, die im Grunde nur bunte Klötze sind. Das Charakterdesign ist eher lieblos, die Mimik eurer Babes bleibt völlig auf der Strecke und wenn sich euer Held gern ein bisschen im Spiegel bewundert: besonders toll sieht der In-Game-Duke nicht aus.
Mehr Erwartungen hatte ich ebenso an den Soundtrack gehabt, der zwar grundsätzlich gut passt, aber selten variiert. Ich hatte mir einen harten Rocksound vorgestellt, irgendetwas, das das Proletengehabe beim Rumballern noch unterstützt: stattdessen finden wir zwar Rock vor, aber einen ingesamt sehr zurückhaltenden Soundtrack, der nicht im Kopf bleibt. Das war in Duke Nukem 3D ganz anders. In Sachen Sound lassen auch die Dialoge mit anderen Figuren zu wünschen übrig, da die Babes jedes Mal dasselbe von sich geben, wenn ihr an ihnen vorbeigeht und Geräusche, wenn der Duke beispielsweise springt, nie wechseln. Nach einer Weile nerven solche Kleinigkeiten.
Der größte Schwachpunkt, an dem meiner Meinung nach sonst runden Action-Shooter, ist allerdings die unverschämt lange Ladezeit. Zwischen Levelabschnitten ist eine längere Wartesequenz noch tragbar, hängt ihr allerdings an einer Stelle fest, an der ihr oft sterbt, dann macht euch das ewige Warten regelmäßig wahnsinnig. Tatsächlich dauert eine durchschnittliche Ladezeit nach einem Tod über eine halbe Minute und aufgrund des beachtlichen Schwierigkeitsgrades passiert dies unter Umständen relativ oft. Um euch diese Zeit zu verkürzen, werdet ihr mit oft frech formulierten Tipps versorgt, die manchmal genauso makaber und lustig sind, wie das Spiel selbst: „Verbinde das Angenehme mit dem Nützlichen, zerfetze deine Feinde mit der Schrotflinte!“, liest man da zum Beispiel.
Nicht nur im Kampagnenmodus, sondern auch im Online-Multiplayer könnt ihr eure „Männlichkeit“ und euer Können unter Beweis stellen und euch mit Kontrahenten aus aller Welt im PlayStation Network messen. Dabei könnt ihr zwischen diversen Multiplayermodi wählen, so zum Beispiel Deathmatches in Teams oder jeder für sich selbst, sowie einem „Capture The Babes“-Modus, der sich wohl von selbst erklärt. Als Maps stehen euch größtenteils Szenarien aus der Kampagne zur Verfügung, wie das Duke-Burger Restaurant oder die Titty-Bar. Ihr könnt eigene Partien erstellen, Einladungen annehmen oder euch in einem „schnellen Spiel“ einfach in irgend einer Partie ins Getümmel stürzen. Als kleines Extra könnt ihr dann noch die Punkte, die ihr durch Kills und gewonnene Matches erhaltet, in eurem ganz privaten Appartement in coole Accessoires wie Billardtische und Flipperautomaten, Einrichtung und heiße Babes, sowie lustige Bekleidung für euren Duke investieren. So vielseitig der Multiplayermodus auch ist, ihr werdet vorerst Schwierigkeiten haben, euch zurecht zu finden, da trotz des erst kürzlichen Release schon so einige Profis im PSN unterwegs sind.
Dieses Spiel macht meiner Meinung nach einfach durch und durch Laune! Hier und da finden sich grafisch einige Macken, jedoch zeigen uns 2K Games und Gearbox, dass es der Duke nach so langer Zeit immer noch drauf hat… wenn nicht mehr als je zuvor! Die Abwechslung in dem Spiel ist beeindruckend, die ganzen Details mit denen man restlos interagieren kann und die coolen Sprüche nach jedem Kill zaubern einem ein wohlwollendes Lächeln ins Gesicht. Duke Nukem Forever ist vielleicht nicht das ultimative Spiel, das sich viele Fans erhofften, jedoch definitiv eines, das man so schnell nicht mehr aus den Händen lassen kann.
Das Spiel wurde gemeinhin negativ bewertet, was ich nur bedingt nachvollziehen kann. Klar, nach vierzehn Jahren erwartet man sich wesentlich mehr, gerade in Sachen Optik enttäuscht Duke Nukem Forever. Allerdings muss man dazu sagen, dass die Produktion nicht so lange dauern musste, weil die Entwickler nicht fähig wären, eine vernünftige Grafikengine zu entwickeln. Darüber hinaus finde ich es überhaupt nicht schlimm, dass das Game sich in so viele Klischees kleidet – im Gegenteil, Duke Nukem Forever ist der Inbegriff sinnfreier Gewalt, daher müssen diverse Klischees einfach erfüllt werden, wo bliebe sonst der Humor?
Meine gute Wertung rührt daher, dass ich beim Spielen unheimlich viel Spaß hatte, und nicht etwa, weil 2K negative Rezensionen gegen den Strich gehen. Wir sind in der glücklichen Lage, sagen zu können, dass wir uns das Spiel selbst gekauft haben, und entsprechend frei von jedwedem PR-Zwang schreiben konnten.
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