Eine erfolgreiche Serie auf der PlayStation 2 erhält seine Fortsetzung auf den NextGen-Konsolen und dem PC. Ein neuer Held wird von der Liebe dazu angetrieben, die Welt vorm Untergang zu retten. Wir haben uns Devil May Cry 4 im Review auf der PlayStation 3 angesehen.
„Kyrie!“ – So lautet der Name derjenigen Frau, die Nero, den neuen Helden in Devil May Cry 4 anspornt, sich als Halbdämon dem Untergang der Welt zu widersetzen. Der Hohepriester Sanctus und sein Orden sind drauf und dran sich die Welt zu unterwerfen und spielen mit dem Tor zur Unterwelt. In den Teilen 1 bis 3, die ausschließlich auf der PlayStation 2 erschienen sind, war immer Dante mit von der Partie. Das ist er auch dieses Mal wieder.
Devil May Cry hat dem Bereich der Action auf den Videospielkonsolen eine neue Facette hinzugefügt. Das Spielprinzip von Devil May Cry war seinerzeit – 2001 erschien der erste Teil für die PS2 – durchaus frisch und unverbraucht. Im Jahr 2008 hat Capcom seine Schwert-Prügelserie auf die Konsolen der nächsten Generation und den PC gehievt. Wir hatten die Möglichkeit, DMC 4 durchzuspielen und sind davon überzeugt, dass der neue Anstrich den Helden gutgetan hat.
Die eigentlichen Helden in den Teilen zuvor waren Dante und sein Bruder Vergil. Beides Halbdämonen. Mit dem Wechsel der Konsolengeneration erfolgte ein Wechsel in der Rangfolge. Wir lernen Nero kennen und seinen Bewegungsreichtum schätzen. Erst in Mission 12, und daraufhin bis zu Mission 18 (von 20), dürfen wir wieder mit Dante die Klinge wetzen und die Pistolen zum Glühen bringen.
Während wir uns das Spiel über mit dem Charakter von Nero und seinem Greifarm vertraut machen, merken wir dann, wenn wir in die Lage versetzt werden, mit Dante zu kämpfen, dass er ein ganz anderer Typ ist. Er verfügt über viel mehr Kampfstile und seine Durchschlagskraft ist mit der von Nero – wie es scheint, nicht zu vergleichen. Beide Figuren haben Vor- und Nachteile, mit denen der Spieler sich im Handlungsverlauf auseinandersetzen muss.
In DMC 4 geht es, wie in den Vorgängern auch, darum, mal mehr, mal weniger die Welt zu retten. Da das Konzept von Dailysoaps, wenn es gut ankommt, nicht verändert wird, dürfte man sich bei Capcom gedacht haben, schadet es nicht, wenn man den alten Pfad der Tugend nicht verlässt. DMC ist kein klassisches Beat ‚em Up, und dennoch nahe dran. Ein Sidescroller, nur eben in Teil 4 mit schöner HD-Grafik, auf der PlayStation 3 in einer Auflösung von 720p.
Wir haben nicht nur die Möglichkeit, mit Schwertern und Schusswaffen zu agieren, sondern erhalten jeweils als Nero und als Dante meist nach dem Vernichten von Endgegnern ein paar Gimmicks und PowerUps, die uns noch weitere Methoden der Gegnerzerstörung an die Hand geben. Besonders interessant ist „Pandora“, ein Extra, das Dante in einem höheren Level erhält, nachdem er den Dämonenfrosch Bael besiegt – nachdem wir im Spiel den Knilch mit Nero schon einmal zur Vernunft gebracht hatten.
Pandora wirkt nach außen als unscheinbarer Koffer, lässt sich aber in eine Bazooka, Laserkanone und vieles andere mehr verwandeln. Dieser Koffer hat eine enorme Durchschlagskraft und beeindruckt die Gegner reihenweise. Allerdings erfordert es ein wenig Fingerspitzengefühl, wollten wir Pandora in eine Laserkanone verwandeln. Hat man DMC 4 ein Mal durchgespielt, kennt man zwar die Geschichte bereits, doch es dürstet einen förmlich danach, weitere PowerUps zu erlangen oder Kampfstile aufzuwerten, um die Gegner noch besser verdreschen zu können.
Denn mit einem Mal Durchspielen ist das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht – Erfahrungspunkte und (rote) Orbs, die wir reinvestieren können, reichen nach dem ersten Versuch beileibe nicht aus, um die beiden Kampfcharakter vollständig aufzuwerten und auszurüsten. Mal ehrlich, erst, wenn man besonders viel Wumms und möglichst große Wummen hat, kann man beurteilen, welche Form der Prügelei denn am meisten Spaß gemacht haben soll.
Das ist dieses Mal nicht die Frage, weil uns die Wahl nicht überlassen wird. In den Missionen 12 bis 18 kämpfen wir automatisch mit Dante, da Nero im Inneren des Endgegners festgehalten wird. Wenn wir ihn mit Dante befreien, wird er den Obermotz hoffentlich von Innen her besiegen können. Der Schwierigkeitsgrad des Spiels ist, selbst für Anfänger der Serie und des Genres, im einfachen Modus schaffbar.
Die Steuerung funktioniert problemlos, wer sich nicht nur auf’s stupide Tastendrücken beschränkt, kriegt wunderschöne und zugleich todbringende Kombos auf die Reihe. Während wir mit Nero diese bloß mit dem Schwert inszenieren dürfen, hat Dante einen Kampfstil „Gunslinger“, den man über das Steuerkreuz anwählen kann. Dieser erlaubt es ihm, mit seinen beiden Feuerwaffen zu Werke zu gehen und choreographisch interessante Salven von Kugelhagel aufs Tapet zu zaubern.
Für ein Spiel der nächsten Generation schaut DMC 4 relativ ordentlich aus. Eigentlich schaut es sogar ganz gut aus. Doch kleine Schönheitsfehler gibt es überall, und so wirken vor allem bewegte Schatten von Bäumen oft sehr pixelig und mancher Hintergrund, Spiegel oder manches Bild sind sehr grob geraten. Zu grob – wenn Palmwipfel gegen den Untergrund Schatten werfen, hat man das Gefühl, dieser wäre nur als Hintergrund für eine neumodische Form von Space Invaders gedacht gewesen.
Man kann immer wieder anführen, dass Spielemacher, Romanautoren, Filmproduzenten und andere kreative Medienschaffende mitunter Schwächen zeigen beim realistischen Gehalt ihrer Produktionen. Bei DMC 4 ist das nicht anders. Ein Gegnertyp „Faults“ beispielsweise schnappt unvermittelt aus dem Boden nach uns. Er taucht aus dem Untergrund auf. Mag dieser eine hölzerne Brücke gewesen sein, sobald er wieder im Erdreich verschwindet, schaut diese aus wie vorher. Dies tut dem Spielspaß nur bedingt einen Abbruch, aber solche Kleinigkeiten sind es, die das Atmosphärenwässerchen trüben.
So erhält Devil May Cry 4 denn auch nicht die Topwertung, sondern muss mit einem soliden Gut vorlieb nehmen. Und ich freue mich dennoch schon auf einen Nachfolger, weil das Genre mir liegt und mich die Zwischensequenzen gut unterhalten haben. Manch humoristische Einlage, z. B. als der Wissenschaftler des Ordens, Angus, sich im Opernsaal in einer Hamlet-Umsetzung versucht, wirkt das irgendwie deplaziert. Genauso, wenn Dante mit einer Rose zwischen den Beißerchen eines von mehreren Toren zur Unterwelt in einem Abspann nach einem Endgegner-Kampf zunächst in Herzform zerbröselt, ehe er es dezent zu Staub werden lässt. Kitschig.
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