Im Sommer 2011 erschien Call of Juarez: The Cartel für Windows PC und Konsolen. Ubisoft und rondomedia haben mittlerweile eine Budget-Version des Shooters für Windows in den Handel gebracht. Nach einem ersten Test auf der Xbox 360 im Juli 2011 haben wir nun die Gelegenheit beim Schopfe gepackt und die PC-Fassung unter die Lupe genommen. Kann The Cartel an den Erfolg der Vorgänger anknüpfen? Die Antwort darauf erfahrt Ihr in diesem Review.
Wer das Western-Szenario in den „Vorgängern“ mochte, wird bei The Cartel enttäuscht, handelt es doch in der Gegenwart: Los Angeles versinkt in einem Sumpf aus Kriminalität. Ein Mafiakartell steigt extrem schnell auf, und Drogenhandel, Prostitution und Gewalt nehmen immer weiter überhand. Deswegen wird eine Spezialeinheit gegründet, die dem Kartell einen Strich durch die Rechnung machen soll.
Diese Truppe besteht aus drei eher windigen Gesetzeshütern: Dem obercoolen Möchtegern-Playboy Eddie Guerra, der sich beinahe schlimmer verhält als die Gangster. Dazu stößt Kim Evans, die selber im Gangmilieu aufgewachsen ist und jetzt die Seiten gewechselt hat. Der dritte im Bunde ist der Cop Ben McCall, ein Nachfahre von Ray McCall, einem der Protagonisten der übrigen Spiele. Ben ist ein richtig harter Hund. Probleme löst er entweder mit dem Revolver, oder der Faust.
Schon nach dem ersten Level merkt man, The Cartel ist ein gradliniger Ego-Shooter, und das im Wortsinn. Denn alle Missionen geben dem Spieler das Gefühl durch eine Art Schlauch zu laufen. Man folgt stumpf dem vorgegeben Weg, und erschießt dabei alles, was sich bewegt. Hin und wieder darf man Sprengladungen anbringen, um Drogenvorräte zu vernichten, oder Graffitis sprühen, um Gangs gegeneinander aufzuhetzen. Neben diesen Hauptaufgaben bekommt man regelmäßig Nebenaufgaben zugeteilt, die nur schwer mit der Verantwortung eines Gesetzeshüters vereinbar sind. Ruft beispielsweise eine Freundin mit Geldnot an, wandern fortan fremde Portemonnaies in die Taschen der Polizisten. Solche moralisch bedenklichen Aktionen häufen sich. Man wird den Eindruck nicht los, dass die Entwickler mit aller Macht ein „Bad Boys“-Szenario kreieren wollen. Die ganzen Klischees lassen den Versuch eher zu einer Lachnummer verkommen.
Zwar kann das Spiel nicht mit sonderlich viel Tiefgang aufwarten, dafür aber mit viel Action. In den Schießereien zeigt das Spiel seine wenigen Stärken. Mit einer Vielzahl an Waffen tritt der Spieler gegen die Gangmitglieder an. Dabei fehlen Revolver nach Westernart natürlich genauso wenig wie moderne Sturmgewehre, Schrotflinten und Maschinenpistolen. Bei den Pistolen ist es sogar möglich in jeder Hand eine zu tragen, was zwar die Präzision einschränkt, aber dafür die doppelte Feuerkraft bietet. Jeder Treffer füllt außerdem eine Art Konzentrationsbalken. Wenn dieser zu 100% gefüllt ist, kann man für einige Sekunden das Spiel in Zeitlupe ablaufen lassen, der bekannten Bullet Time. Dies verschafft dem Spieler einen enormen Vorteil.
Eigentlich verfügt The Cartel über einen Multiplayer-Modus. Entweder kann man das Spiel kooperativ mit anderen menschlichen Spielern bewältigen, oder sich in verschiedenen Modi gegenseitig auf die Mütze geben. Das Problem ist nur, dass man noch nicht mal ein Jahr nach dem Release keine Mitspieler findet. Der Mehrspieler online ist komplett ausgestorben. Nach 20 Minuten Wartezeit habe ich im Test grade mal einen Mitspieler gefunden. Um ein Teamspiel zu starten, sind allerdings 6 bis 8 Mitstreiter erforderlich. Es gibt viele unterschiedliche Spielmodi und Möglichkeiten für den Spieler seinen Charakter zu individualisieren. Aber ohne Mitspieler nützt das nichts.
Viele Spiele laufen mittlerweile über diverse Plattformen wie Steam oder den Ubisoft-Gamelauncher. The Cartel schießt aber den Vogel ab. Zuerst muss man das Spiel über Steam installieren und aktivieren. Hat man das geschafft und will das Spiel starten, öffnet Steam zuerst noch den Ubisoft-Launcher, in dem man sich dann ebenfalls noch einen Account erstellen muss (wenn man noch keinen hat), und erst darüber lässt sich dann starten.
Grafisch ist The Cartel ziemlich durchwachsen. An einigen Stellen sieht es richtig gut aus, an anderen dafür wieder nicht. Texturen sind teilweise matschig und die Charaktermodelle wirken an vielen Stellen wächsern und geradezu künstlich. Urbane Umgebungen machen allesamt einen guten optischen Eindruck. Spielt man aber mal im Wald, fallen direkt die grafischen Unterschiede auf.
Der Sound ist ganz gut gelungen, aber technisch limitiert. Das Spiel unterstützt nämlich keinen Surround-Sound. Hat man diese Option in der Systemsteuerung aktiviert, bleiben die Lautsprecher im Spiel stumm. Das muss man aber erstmal herausfinden. Außerdem ist die Übersetzung bzw. Transkription von Gesprochenem in Untertitel zu bemängeln. Teilweise stimmen ganze Sätze und Dialoge nicht überein. Da fragt man sich, ob der Ego-Shooter vor dem Release nicht durch irgendeine Art von Qualitätskontrolle musste.
Die Steuerung ist ansonsten typisch für ein First-Person-Game und schnell verinnerlicht.
Call of Juarez: The Cartel ist nur ein kurzes Vergnügen, das bis auf den Namen nichts mit seinen Vorgängern gemeinsam hat. Für ein paar kurze Spiele zwischendurch ist er durchaus geeignet, aber das war’s dann schon. Eingefleischte Fans würden vielleicht noch auf ihre Kosten kommen, aber ansonsten ist The Cartel nicht sonderlich empfehlenswert.
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