Autor:  Matze Fenn 28.03.2012, letztes Update: 26.11.2021
Wertung: 7.6

Test: Binary Domain


Wir hatten das Vergnügen, Binary Domain von Sega auf der Xbox 360 zu testen. Bevor wir aber zum eigentlichen Spieletest kommen, möchten wir davor noch eine paar Worte sagen.

Story

Man schlüpft in Binary Domain in die Rolle eines von fünf Mitgliedern der „Rost Crew“. Rost Crew? Dabei handelt es sich um ein Sonderkommando der Genfer Kommission.

Amada, der weltführende Konzern in Sachen Roboterentwicklung und Produktion, spielt hierbei die Hauptrolle. Humanoide Roboter sind zu einem grundlegenden Bestandteil der Menschheit geworden, das Schmelzen der Pole hat sämtliche Küstenregionen und weite Teile des Inlandes unter Wasser gesetzt. Hunderttausende von Menschen sind ums Leben gekommen und die betroffenen Städte hat man dem Verfall überlassen und in höher liegenden Bereichen wieder errichtet.

Hier kommen die unzähligen Androiden ins Spiel, die aufgrund von Arbeitskräfte-Mangel in Massenproduktion gegangen sind. Vierzig Jahre später stoßen die Behörden auf ein Modell der ganz besonderen Art.

Offensichtlich wurden von einem zunächst unbekannten Hersteller eine Sorte von Androiden geschaffen, die emotional und charakteristisch einem normalen Menschen in nichts nachstehen und welche obendrein von ihrer Menschlichkeit überzeugt zu sein scheinen. Diese Form von Roboterentwicklung ist allerdings hochgradig illegal und genau hier kommt die Rost Crew ins Spiel.

Als Ex-Marine-Soldat „Dan“ geht man der Sache nach und nach auf den Grund. Zusammen mit einem stetig anwachsenden Team feuert man sich durch diverse, abwechslungsreiche Szenarien. An dieser Stelle möchten wir auf die facettenreiche Vielzahl von Gegnern aufmerksam machen, die wirklich mit viel Liebe fürs Detail geschaffen wurden. Uns als Endzeit-Fans hat die Story recht gut gefallen.

Waffen und Gadgets

Um sich gegen miese Roboter aller Art zu verteidigen, muss man sich natürlich gut bewaffnen, was in Binary Domain gar kein Problem ist, da in jeder Mission einige Waffenautomaten zu finden sind. Das Öffnen wurde sehr ansehnlich gestaltet, da es sich wie ein Transformer in alle Richtungen aufklappt und eine schöne Auswahl an Waffen und Gadgets zur Verfügung stehen. Einerseits gibt es Waffen, wie Sturmgewehre, Maschinenpistolen, Scharfschützengewehre und Pistolen zu erwerben, aber auch diverse Sprengstoffarten, die der Spieler mit den Handgranaten austauschen kann.

Wollen wir lieber mit Stacheln versehene Haft-Granaten oder sollen wir doch eher zur EMP-Granate greifen, um die Roboter lahm zu legen. Es gibt so viele verschieden Arten, dass es oft schwierig ist, sich richtig zu entscheiden, da man nie weiß was im nächsten Abschnitt der Kampagne passiert. Wie oft ging es uns so, dass wir zur C4-Granate griffen und auf einmal vor einem fliegenden Boss standen, der doch eher mit Raketen oder Haftgranaten zu bekämpfen ist. Aber nichtsdestotrotz liegen in den Levels diverse Waffen versteckt, die den Fehlkauf ausgleichen. Eigentlich muss man sagen, es sind niemals Fehlkäufe, da man diese einfach in Horden von Robotern ballert und sich dann richtig wohlfühlt, alle in tausende Einzelteile zerlegt zu haben.

Munition sparen muss man bei Binary Domain auch nicht, da immer in Etappen weiße Waffenautomaten rumstehen. Das fanden wir richtig gut, so konnte man sich immer bestens auf den bevorstehenden Kampf ausrüsten und ebenfalls neue Sachen ausprobieren. Jedoch senkt dies ein wenig den Schwierigkeitsfaktor.

Ebenfalls gibt es die sogenannten Nanoschmieden zu kaufen, die zum Verbessern der einzelnen Teamkameraden dienen, wie z. B. mehr Leben oder mehr Lebensregeneration. Für die Explorer gibt es natürlich auch gratis Nanoschmieden zu finden, die in der ganzen Kampagne verstreut sind.

Nach jedem erfolgreichen Einkaufen schließt sich der Automat und auf seinem Hauptscreen beginnt ein Glücksspiel. Richtig gelesen: Ein Glücksspiel am Waffenautomaten, man kauft sich richtig tolles Zeug, mit dem der Spieler mächtig Zerstörung anrichtet und dann bekommt man auch noch die Chance auf einen gratis Gewinn, einfach genial.

Das Team

Vorweg möchten wir euch ein wenig zu den einzelnen Teamkameraden erzählen. Vor jeder Mission und öfter auch mal mittendrin, muss der Spieler sein Team zusammenstellen. Am Anfang der Kampagne fällt das jedem noch einfach, da nur der bullige Amerikaner zur Verfügung steht. Im Laufe von Binary Domain und beim Fortschreiten der Geschichte, wird man von einem wachsenden Team begleitet. Das darf immer nur aus drei Charakteren bestehen.

Da wird die Entscheidung immer schwieriger, da man oft nicht richtig weiß, wer wäre für diese Mission ein optimaler Begleiter. Wird die nächste Sequenz in einem übersichtlichen großen Gebiet stattfinden, oder doch eher in engen Tunnelsystemen. Das gibt Binary Domain noch mehr taktische Möglichkeiten, da es schwieriger wird. Vor allem unterschiedliche Dialoge und oftmals Videos wurden gut mit eingearbeitet.

Leider besteht die Gefahr, dass manche der Charakter irgendwann zu schwach werden, um sie einzusetzen. Wechselt ihr diese nicht regelmäßig durch sind die weniger ausgebildeten Figuren zu schwach, um gegen die Roboter zu bestehen. Am Ende ist die „Stamm-Gruppe“ um einiges stärker und Ihr bevorzugt nur diese, da die ganzen Verbesserungen und Nanoschmieden wirklich sehr kostspielig sind.

Gameplay

Am Anfang waren wir skeptisch, ob die Roboter-Kämpfe nicht langweilig oder gar keine Herausforderung werden. So stapften wir also mit unseren Teamkameraden in das erste Kapitel los. Nach der Eingewöhnung an die Steuerung wurden wir gleich von einer Standard-Roboter-Infanterie angegriffen.

Befehle an die Teamkameraden können wir per Sprache übermitteln, das funktioniert übrigens gut. So verschanzen wir uns gebückt hinter einer Mauer und feuern wie Wildgewordene auf die Roboter. Da bemerkten wir sofort, wie unglaublich realistisch die einzelnen Metallteile der Roboter absplittern, sogar ganze Gliedmaßen auf den Boden fallen, je nachdem, wo der Schütze hinzielt und trifft. Binary Domain zeigt uns die extreme Wucht der Einschläge und wunderbare Animationen. Werden die Füße getroffen und es fällt ein Bein ab, kriechen die Roboter frech weiter auf den Spieler zu, nur mit dem Ziel dich auszulöschen. Die sind wirklich sehr hartnäckig, nur mehrfach gezielte Kopfschüsse lassen die Blechbüchsen sich gegen ihre eigenen Metallfreunde verschwören. So kann man sich im großen Gefecht einige zusätzliche Soldaten gewinnen. Aber Vorsicht, dieser Trick klappt bei größeren Gegnern nicht mehr. Diese sind um einiges schwerer zu besiegen, da sie besser bewaffnet und mit noch mehr Rüstung ausgestattet sind.

Die Roboter versuchen auch so schnell wie es geht auf deine Position vorzurücken und nicht im Stellungskampf zu bleiben, wie bei anderen Games. Nahkampf gegen Blechbüchsen ist wirklich heftig. Am besten immer den Nächsten abknallen, bevor dieser den Spieler oder die Kameraden erreicht und erheblichen Schaden anrichtet.

Die große Vielfalt an verschiedenen Roboterarten hat uns sehr gefallen. Von kleinen Bomben-Krebsen, schnellen kleinen kletternden, schwer bewaffneten, langsamen Gegnern bis hin zu den ganzen dicken großen Bossen, einfach super gemacht. Es macht Spaß und zwischendrin gibt es wirklich viele Videosequenzen in Ingame-Grafik, die hervorragend sind.

Auch das Befehligen der Kameraden ist hervorragend gemacht. Wenn man falsche Befehle gibt und somit sein Team verletzt, werden diese beim nächsten Mal nicht mehr auf die Befehle des Spielers horchen, sondern ihr eigenes Ding durchziehen. Da fallen schon öfter Sätze, wie „Leck mich doch“, „Nein, du Arsch“ etc. Aber im Gegenzug loben dich deine Freunde, wenn du richtig auf den Blechmüll haust. Da kommen dann Sätze wie „Wooaw, du bist ja drauf, weiter so“, „Was für ein Schuss“. Solche Dialoge sind entscheidend für das Game-Feeling. Der Spieler muss sehr oft Dialoge führen und hat damit immer die Möglichkeit, sein Verhältnis zu verbessern oder zu verschlechtern. Je nachdem, ob man lieber einen Guten oder Bösen spielt, gehen Gefechte immer unterschiedlich aus.

Friendly-Fire ist immer aktiv und erhöht in vielen Gefechten den Schwierigkeitsgrad enorm, aber genau das gibt dem Spieler viele taktische Vorzüge. An dieser Stelle müssen wir auch ein dickes Minus an die Teamkollegen geben. Es kommt nicht selten vor, dass uns ein Kamerad aus der Deckung schiebt, oder noch schlimmer, uns einfach vors Korn rennt und sich einen satten Feuerstoß aus dem Sturmgewehr einfängt. Worauf ärgerlicherweise unsere Kampffertigkeiten jedes Mal in Frage gestellt werden. Im Großen und Ganzen macht es auf jeden Fall einen Heidenspaß, seine blechverkleideten Widersacher in tausend Stücke zu ballern. Dieses System gefällt uns wirklich sehr gut, da man hier wirklich auf seine Kameraden aufpassen muss.

Grafik & Level-Design

Binary Domain bietet nicht nur eine tolle Grafik, sondern auch noch wunderbare Videos, die allesamt Ingame-Grafik sind und immer wieder unter der Kampagne abgespielt werden und die Story zu erklären bzw. die Vergangenheit einiger wichtigen Personen widerspiegelt. Die Grafik der Menschen, Charaktere und vor allem der super designten KIs sind sehr gut gelungen. In anderen Games fand man nur schlecht designte Roboter und fehlende atemberaubende, zukunftsorientierte Technik.

Die Levels sind sehr gut designt, von den Slums unter den großen Metropolen bis hin zu Hightech-Gebäuden, der dort lebenden Bevölkerung. Es sieht nicht übertrieben aus, sondern wirklich so, wie viele sich die Zukunft vorstellen können. Roboter in der ganzen Schicht der Gesellschaft, die den Menschen beim Aufbauen neuer Städte helfen, den abendlichen Bar-Dienst übernehmen, der Mutter zuhause beim Kochen helfen usw. bis hin zu kleinen, fliegenden Werbetafeln über die Cola von morgen. Dies alles wird unglaublich real mit dem Grafikdesign, dem Spieler zuhause vermittelt. Normalerweise überspringen Spieler beim zweiten Mal der Kampagne die Videos, dies ist aber bei Binary Domain nicht der Fall, da es wirklich interessant anzusehen ist.

Aber bei einer Sache haben sich die Entwickler leider nicht viele Gedanken gemacht: Die zusätzliche Waffe, die der Spieler an seiner Hauptwaffe trägt. Diese muss der Spieler aufladen und man verschießt eine blaue Kugel, die genauso wie EMP wirkt und alle kleinen Roboter sofort total zerstört. Bei Robotern sieht das alles schön und gut aus, aber diese Waffe wird teilweise benutzt, um Barrikaden zu zerstören. Nur das wiederum sieht wirklich unschön und nach unglaublich alter Technik aus. Aber keine Sorge liebe Spieler, dieses Szenario kommt selten vor und man vergisst dies nach wenigen Sekunden sofort, da es in der restlichen Welt von Binary Domian viele Grafik-Schmankerl gibt.

Multiplayer

Durch die gelungene Solo-Kampagne motiviert, wollten wir uns den Multiplayer anschauen. Zu unserem Bedauern gab es nicht wie erwartet große Squad-Team basierende Modi, sondern nur einen abgespeckten Horden-Modus mit wenigen Karten zur Auswahl. Es werden auch noch kleine Standard-Spieltypen wie z. B. „Free for All“, „Deathmatch“, „Domain Control“ und „Operation angeboten. Leider war dies nahezu unmöglich auszuprobieren, da wenig Spieler online waren und die Server immer öfter mal abschmierten.

Es wäre besser gewesen, wenn SEGA und Yakuza Studio den Multiplayer weggelassen und sich noch mehr der Kampagne gewidmet hätten. Man hätte dem Spiel noch den letzten Feinschliff verpassen können, mit vielleicht mehr Freiheit in den Levels.

Fazit

Yakuza Studio hat den Schwerpunkt von Binary Domain auf das Roboter Design und die KI-Vielzahl gelegt, was uns enorm zusagt und jeden anderen „Robo-Shooter“ in den Schatten stellt. Dazu kommt die sehr nahe liegende Zukunftsidee, verbunden mit einer sehr gelungen Story und angepasster Atmosphäre. Diese Kombination gefällt uns sehr gut und wir sind zuversichtlich für den Erfolg von Binary Domain. Im Großen und Ganzen eine gelungener Taktik-Shooter mit besonderem Flair und humorvollen Dialogen.

Für Gamer, denen das Zerballern von Blechbüchsen, umgeben von einem donnernden Gefecht Laune bereitet, ist Binary Domain eine absolute Kaufempfehlung.

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