Am 1. März veröffentlichte exosyphen studios die Mac-Version seines Spiels Hacker Evolution: Untold. Mit dem Spiel kann man bestimmt kein professioneller Hacker werden, und man fühlt sich nur bedingt als solcher. Warum das Spiel trotzdem Spaß gemacht hat, verraten wir in unserem Test.
Schreib ich’s lieber ins Fazit oder doch vorneweg? Hacker Evolution: Untold ist nicht für Jedermann. Die Zielgruppe, die sich von dem Spiel angesprochen fühlt, wird aber kaum Grund zum Mäkeln haben.
Viele Kinofilme hätten Pate stehen können für das Design respektive die Eingabeoberfläche von Hacker Evolution: Untold. Aus viel mehr besteht das Spiel aber nicht. Wir werden begrüßt von einem Willkommensbildschirm und jeder neue Level besteht im Grunde nur aus dem Desktophintergrund und 4 oder 5 Fenstern, die fest angeordnet sind und je unterschiedliche Informationen enthalten.
Das Interface-Design ist in weiten Teilen mit grünen Lettern auf schwarzem Hintergrund realisiert. In den Anfangszeiten der Computer gab es solche Farbkombinationen zuhauf, weil Monochrom-Bildschirme nicht mehr als zwei Farben darstellen konnten. Doch wenn heute jemand seinen Desktop so einrichtet, dann gehört er doch eher zu den Exoten, und selbst Hacker würden in den meisten Fällen nicht zu solchen Farbkombinationen greifen. Es ist aber nichts Neues, dass in Filmen und Medien die Sicht der Dinge ein wenig stilisiert dargestellt wird, das gilt für Hacker genauso wie für Mafiosi.
Die Geschichte von Hacker Evolution: Untold klingt wie aus einem Kriminalroman. Wir sind Gründer einer Technologiefirma und da man versucht hat, uns etwas anzuhängen, für das wir aber nicht verantwortlich sind, müssen wir nun das Schlimmste verhindern. Dazu wenden wir die ganze Zeit über hackerähnliche Methoden an. Wir verbinden uns mit unterschiedlichsten Servern, laden Dateien herunter, löschen Festplatten auf fremden Computern, hacken uns in Bankautomaten oder in Mobilfunknetze ein. Wir versuchen auf der einen Seite unsere eigenen Spuren zu verwischen, aber andererseits die Fährte der Gegenseite aufzuspüren.
Dass das nicht immer ganz einfach ist, merkt man schon von Beginn an. Mit jedem Hack, mit jedem Versuch das Passwort eines anderen Rechners zu entschlüsseln begeben wir uns in die Gefahr, zurückverfolgt werden zu können. Damit das nicht geschieht, können wir Verbindungen über andere Rechner leiten. Im Spiel heißt das dann „bouncing“, denn bislang gibt es von exosyphen keine lokalisierte deutsche Fassung. Da man für das Spiel aber eine gewisse Affinität für Computer generell mitbringen sollte, dürfte das nicht zu stark ins Gewicht fallen. Außerdem können wir gegen Bares unsere Hardware aufrüsten. Dazu gehört u. a. die Speicherkapazität, die Sicherheitsstufe der Firewall, die Geschwindigkeit von CPU und/oder des Modems.
Je besser die CPU, desto schneller werden Entschlüsselungsaufgaben gelöst oder gelingen Hackversuche. Die Speicherkapazität im Blick haben muss man deshalb, weil hin und wieder Dateien auf den eigenen Rechner geladen werden müssen, um gewisse Ziele zu erfüllen, bspw. eine Datenbank an jemanden weiterzuleiten oder einen Virus auf ein fremdes System einzuspielen, den man sich vorher an anderer Stelle herunterladen musste. Die Übertragungsrate des Modems spielt dann eine Rolle, wenn es auf den Faktor Zeit ankommt. Ein großer Download braucht vielleicht manchmal zu lang, bis wir ihn herunter geladen haben. Es gibt also unterschiedliche Möglichkeiten, wie wir möglichst ungeschoren aus den Hack-Aktionen entlassen werden.
Die Interaktion mit dem Spiel funktioniert weitgehend über eine eigene Shell. Diese verfügt über einen rudimentären Befehlssatz (20 verschiedene Befehle), wie ihn viele kennen werden, die schon mal mit einer Shell gearbeitet haben. Denn die Befehlsbezeichnungen entsprechen zum Teil oder sogar komplett denen in *nix-kompatiblen Shells. Mit „ls“ rufen wir den Inhalt eines Verzeichnisses auf, mit login, logout, connect und weiteren Befehlen hacken wir uns durch das Spiel. Eine Autovervollständigung von bereits Bekanntem mittels der TAB-Taste funktioniert außerdem.
Jedes Level in Hacker Evolution: Untold hat bestimmte Ziele, die es zu erfüllen gilt. Zu Beginn gibt es eine Einführung in das Spiel. In einem Nachrichtenfenster erhalten wir Mails und lesen Hinweise, wie wir vorzugehen haben. Auf diese Weise werden wir durch alle Level hin mit Informationen versorgt, wenngleich die Informationen nach dem Einführungslevel nicht mehr derart explizit formuliert sind, sondern wir dann selbst entsprechend ohne Anleitung handeln müssen, um ans Ziel zu kommen. Schaffen wir es nicht, die Zielvorgaben zu erfüllen, bietet uns das Spiel eine Hilfestellung, die man über die Eingabe von „tutorial“ in der Shell erreicht. Prinzipiell haben die Entwickler sich gedacht, könnte man jedes Level in unter 30 Minuten schaffen. Dann nämlich wird man mit Bonuspunkten belohnt. Allerdings ist das wirklich nicht immer einfach, und in meinem Fall bislang nie eingetroffen.
Das stilisierte Bild von Hackern, von dem ich vorhin schrieb, es umfasst noch eine weitere Facette, die Musik. Elektronische Musik oder Heavy Metal sind in Romanen, Filmen und Spielen oft erste Wahl, wenn man Hacker darstellen möchte. exosyphen hat sich für Hacker Evolution: Untold dazu entschieden, uns mit elektronischer Musik zu berieseln. Der Soundtrack ist, wenn man ihn mag, ziemlich gut. Aber je mehr ich schreibe, desto eher sollten all diejenigen, denen gewisse Dinge missfallen, merken, dass es nicht ihr Spiel sein könnte. Erst nach einiger Spielzeit fängt man an, die Musik im Hintergrund zu überhören. Es ist allerdings möglich von Hand Abhilfe zu schaffen. Dazu muss man eigene MP3-Dateien in den Ordner /heuntold-music/ kopieren und die Playlist ändern, die als Textdatei im selben Ordner vorliegt.
Obwohl es sich um ein Hackergame handelt, wurde das Spiel offenbar nicht für den Einsatz an mehreren Bildschirmen konzipiert. Mein zweiter Bildschirm jedenfalls zeigt zu viel Whitespace; in diesem Fall ja Blackspace, und einige bewegliche Hintergrundelemente scrollen zu weit raus. Der Betrieb an einem Bildschirm funktioniert aber weitgehend ohne Probleme. Schwierig wurde es in meinem Fall nur, weil der externe Bildschirm eine höhere native Auflösung anbot als mein Macbook in der Lage ist darzustellen, und offenbar fragt das Spiel beim Start die Auflösung nicht ab, sondern verlässt sich auf die zuletzt genutzte Auflösung. Das führt dann zum Programmabsturz beim Start. Hat man gar keinen zweiten Bildschirm mit höherer Auflösung, kann einem das gar nicht erst passieren. Man hat mir bei exosyphen aber versichert, dass man hier nachbessern wird.
Schade ist außerdem, dass ein besonderes Bonbon der PC-Version (noch) nicht für Mac verfügbar ist. Denn die PC-Spieler können mithilfe eines Leveleditors ganz eigene Hacker-Kriminalgeschichten entwerfen und sie auf fremde Spieler loslassen. Einen Mac-Editor wird es nur unter der Voraussetzung geben, dass genügend Spieler bei exosyphen nachfragen. Doch wenn das Bedürfnis aufkommt, so wurde mir versichert, würde exosyphen den Mac-Nutzern ebenfalls einen Editor spendieren.
Hacker Evolution: Untold ist ein Spiel, das sich auf das Wesentliche konzentriert. Und das tut es gut. Wer sich mit dem Ambiente und der Bedienung anfreunden kann, wer eine Affinität für Computer hat, der wird auch mit diesem Teil der Reihe glücklich werden, der als erster auf den Mac portiert wurde. Die rumänischen Entwickler haben solide Arbeit geleistet, und man merkt beim Spielen, dass die Spielmechanik ziemlich ausgereift ist. Als Spieler muss man sich konzentrieren, Hinweisen nachgehen und seine Ressourcen gut verwalten, denn nur so schafft man jedes Level. Nachlässigkeit wird dann in der Form bestraft, dass man das Level noch mal neustarten muss. Das geschieht übrigens ebenfalls per Eingabe über die Shell.
Wer Gefallen daran findet, wird den Kaufpreis von $24.95 nicht zu hoch finden. Schöner wäre es gleichwie, wenn die Mac-Besitzer für ihr Geld das gleiche kriegen würden, wie die Windows-User. Denn der Editor kann die Spielzeit durchaus noch vervielfachen. Zum Spielen wird mindestens OS X 10.4 benötigt, ein Prozessor mit 1 GHz sollte es schon sein, ebenso 512 MByte Ram und 32 MByte Grafikspeicher.
Schreibe einen Kommentar