Need for Speed: Most Wanted im Test: Seit nunmehr zehn Jahren begeistert die Need-for-Speed-Reihe Rennsportfans aus aller Welt. Den vorläufigen Höhepunkt der zehnjährigen Erfolgsgeschichte soll die zehnte Ausgabe des Rennspiels bilden: Need for Speed: Most Wanted.
Nachdem ihr einen 3er BMW fertig getunt habt, beäugt euch der „beste“ Fahrer der Region, Razor, neidisch. Da ihr nun euer ganzes Geld in die Aufbereitung des Wagens gesteckt habt, muss als Wetteinsatz für das Straßenrennen der Fahrzeugschein herhalten. Razor will den Wagen unbedingt haben und fordert euch zu einem Rennen heraus. Was ihr vorher nicht wisst: Der Kontrahent manipuliert die Ölzufuhr eures Autos, um das Rennen um jeden Preis zu gewinnen. Ohne Auto steht ihr nun auf der Straße. An der Stelle kommt Mia ins Spiel, die Razor „sowieso noch nie“ leiden konnte und hilft euch. Mit der nötigen Wut im Bauch geht’s zuerst einmal zum Autohändler, dem Mia einen Rabatt für euch entlocken konnte. An dieser Stelle übernehmt ihr und schafft euch eine eigene Persönlichkeit.
Das unmittelbare Ziel ist klar: Der schicke 3er BMW muss natürlich wieder in den eigenen Besitz übergehen, zumal er beim Autohändler nicht als Serienmodell verfügbar ist!
Der aus Need for Speed: Underground 2 bekannte „Freie Fahrt“-Modus existiert weiterhin – allerdings kann man jetzt nicht mehr ungestraft von A nach B rasen. Zeigt der Tacho mehr als 55 mph (ca. 90 km/h), fahndet die Polizei sofort nach Euch. Wenn dann zu allem Unheil noch ein Streifenwagen in der Nähe ist, geht der Spaß los: Eine Verfolgungsjagd, wie sie im Buche steht. Dabei ist zu beachten, dass sich die Polizei richtig clever verhält und danach strebt, den eigenen Wagen einzukreisen.
Damit die Flucht allerdings nicht ganz so schwer fällt, gibt es einige Hilfen für den Hobby-Rennfahrer. So kann man beispielsweise an so genannten „Stoppern“ Polizeiautos, die einen direkt verfolgen, aus dem Verkehr ziehen. Das funktioniert so, dass man bei einer Tankstelle durch die Zapfsäulen fährt und dadurch eine Detonation verursacht, welche direkt dahinter fahrende Polizeiautos außer Gefecht setzt. Es sind bei diversen Trägern für irgendwelche Dächer Sprengsätze versteckt – auf der im unteren Bildrand befindlichen Karte sind diese Stopper als rote Dreiecke dargestellt.
Die Flucht endet und die „Fluchtphase“ startet, wenn Ihr es schafft, dass Euch die Polizei eine Weile nicht mehr verfolgt. Die Beamten dürfen Euch währenddessen nicht entdecken, sonst beginnt die Verfolgungsjagd von vorn. Streifenwagen suchen Euch am letzten bekannten Ort, solange die Fluchtphase anhält. Ihr müsst Euch in dieser Zeit verstecken. Passende Unterschlüpfe sind auf der Karte als blaue Kreise eingezeichnet.
Die Polizei gibt auf, nach Euch Ausschau zu halten, wenn die Fluchtphase endet. Euch droht aber unmittelbar die Verhaftung, wenn Ihr erwischt werdet. Ihr zahlt dann entweder ein Bußgeld oder bekommt eine Freikarte fürs Gefängnis. Euer Tatfahrzeug erhält eine Verwarnung, wenn Ihr Euch fürs Bußgeld entschieden habt. Sammelt Ihr drei Verwarnungen, wird das Auto beschlagnahmt. Bis zu fünf Verwarnungen sind frei, bevor es ins Gefängnis geht. Ihr könnt manchmal zusätzliche Verwarnungspunkte gewinnen, indem Ihr gegen Fahrer auf der Blacklist antretet. Falls dem letzten Auto aus der Garage dieses Schicksal widerfahren ist, ist das Spiel zu Ende.
Zum ersten Mal seit Need For Speed: Hot Pursuit 2 gibt es wieder ein Schadensmodell. Traurig aber wahr: Eure Karre bekommt nur kaputte Scheiben und Lackschäden. Merkwürdig ist: Bei Polizeiautos und PKW aus dem freien Verkehr greift ein ausgereifteres Schadensmodell. Diese werden sogar nicht von Blechschäden verschont. Ihr seht beispielsweise dann Dellen in der Motorhaube.
EA hat gewissenhaft am Rennspiel gearbeitet. Ihr steigt jetzt tagsüber in den Boliden. Entsprechend toll sind neue Lichteffekte, beispielsweise wenn Ihr aus einem Tunnel herauskommt und erstmal durch das Sonnenlicht geblendet werdet. Selbst wenn Ihr nicht in einem Tunnel wart, macht Euch die Sonne zu schaffen. Steht sie direkt vor Euch, könnt Ihr von der Straße nicht mehr viel sehen. Das Wetter als solches wird grundsätzlich besser „vermarktet“. Bevor es regnet, könnt Ihr dabei zusehen, wie sich eine Regenfront zusammenbraut. Das Licht wird dann insgesamt grauer und unfreundlicher. Aber genauso schnell, wie sich ein Regenwetter zusammenbraut, kann es wieder verschwinden.
In der Kurve entstehen in Abhängigkeit von dem Gewicht des Körpers, der Geschwindigkeit und des Kurvenradius‘ Radialkräfte, die es durch die Reibung an den Reifen auszugleichen gilt – sonst wird man aus der Kurve getragen und landet unsanft am Baum. Das lernt jeder Schüler im Physikunterricht und kann es nun bei Need for Speed: Most Wanted nachspielen. Die Entwickler haben sich alle Mühe gegeben, die Fahrphysik weiter an die Realität anzugleichen. Es macht nun durchaus einen Unterschied, ob es regnet oder nicht, und ob man auf dem Asphalt, auf einer Schotterpiste oder auf Gras fährt – beispielsweise hat man so gut wie überhaupt keine Chance, wunschgemäß aus einer Kurve herauszukommen, wenn es regnet und man einen Rasen-Abschnitt als Abkürzung verwenden will. Allerdings ist es auffällig, dass der Regen den Grip auf dem Boden sobald er anfängt verschlechtert und sobald er vorbei ist wieder verbessert – an der Stelle wurde nicht berücksichtigt, dass die Straße zum einen erst einmal nass werden muss, bevor der Grip schlechter wird, und zum anderen wieder trocknen muss, damit man wieder normal fahren kann.
Lobenswerterweise wurde aber sehr wohl berücksichtigt, dass sich verschiedene Reifen auf verschiedenen Autos unterschiedlich auf das Handling des Wagens auswirken.
„Ein Verkehrsteilnehmer meldet einen gefährlichen Fahrer, der ihn fast von der Straße gedrängt hätte“, tönt es plötzlich aus dem Polizeifunk. Dies zeigt noch einmal die Herkunft von Most Wanted aus den USA. In Deutschland wäre das bestimmt kein Grund gewesen, warum die Polizei auf einen aufmerksam werden sollte.
Im Polizeifunk wollen wir das gehört haben? Ja, das haben wir im Polizeifunk gehört. Wie bereits in Need For Speed: Hot Pursiut 2 kann man den in Most Wanted mithören. Das hat den Vorteil, dass man bereits hören kann, was die Cops planen, bevor man in die Falle getappt ist. Besonders nützlich ist dies, wenn eine Straßensperre mit Nagelstreifen geplant ist, denn diese ist richtig fies: Fährt man über den Nagelstreifen, platzen die Reifen, das Auto hält an und die Polizei ist am Ziel.
Das GPS-System, bekannt aus Need For Speed: Underground 2, hat die Portierung von Hot Pursuit und Underground zu Most Wanted überlebt – ist jetzt allerdings nicht mehr ganz so flexibel wie im Vorgänger. Hat man ein bestimmtes Ziel im Auge, kann man sich mithilfe von einem auf dem GPS basierten Pfeil den Weg zeigen lassen. Dieser Pfeil hat sich in Need For Speed: Underground 2 der Richtung des Fahrers angepasst, also einen neuen Weg gesucht, wenn der Fahrer nicht den vorgesehenen benutzen wollte, jetzt hingegen geht das GPS-System davon aus, dass man entweder diesen einen Weg fährt oder das Interesse am Ankommen am Ziel verloren hat. Will man einen anderen Weg fahren, z. B. über den Highway statt durch die Innenstadt, gibt das System mit der Meldung „GPS-Verbindung verloren“ einfach auf.
Im zehnten Teil der Rennserie gibt es ganze 32 Autos, die es zu tunen gilt. Jedoch beschränkt man sich bei EA nicht mehr auf Autos, die zum Fahren illegaler Straßenrennen taugen, sondern bedient sich zur Abwechslung einmal richtig teuerer Schlitten, wie z. B. dem Mercedes SLR McLaren. Damit die Spannung und Vorfreude auf die richtig teuren Wagen erhalten bleibt, gilt es, zuerst einige Vorarbeit zu leisten. Es gibt nicht weniger als zwei Voraussetzungen, ehe man an die edlen Karossen herankommt: Man muss sich auf der Blacklist entsprechend weit vorn einfinden und genügend Geld auf dem Konto haben.
Die Möglichkeit, seine Autos zu tunen, musste etwas unter der Entwicklung des neuen Teils leiden. Zwar kann man nach wie vor seine Autos tunen, aber gerade im optischen Bereich geht EA von den schier unendlichen Möglichkeiten von Need For Speed: Underground 2 ab und legt dem Rennfahrer beispielsweise Karosserie-Teile fertig ins Regal des Tuning-Shops. Die farbigen Neon-Röhren für den Boden des Autos fehlen nun komplett. Einzig die Leistung scheint ungeschnitten zu sein und lädt zum Aufmotzen förmlich ein, das nötige Kleingeld natürlich vorausgesetzt.
Der Weg zum Erfolg ist Respekt in Form eines möglichst langen Strafregisters. Dieses kann man sich erarbeiten, indem man sich bei der Polizei schön unbeliebt macht, z. B. wenn man zu schnell fährt, oder andere Autos rammt. Die Verfolgungsjagden, die dann unumgänglich stattfinden, haben dann u. a. kleinere Teilaufgaben, deren Erfüllung als Voraussetzung gilt, um gegen einen Fahrer der Blacklist anzutreten, wie z. B. das Flüchten innerhalb eines bestimmten Zeitraumes oder das Rammen einer bestimmten Anzahl an Polizeiautos, sowie dem anschließenden Entkommen. Letztendlich kann man seinen Erfolg bei der Polizei an seinem Kopfgeld ablesen. Es empfiehlt sich, ein Auto ausschließlich für das Verdienen von Kopfgeld zu verwenden, denn am Auto macht die Polizei fest, wie sehr ihr Fahrer gesucht wird. Die Logik dahinter ist, dass das Auto einen bestimmten Level erhält, wie stark nach ihm gesucht wird. Auf Stufe Vier wird beispielsweise der Hubschrauber eingesetzt, um den Fahrer im Auge zu behalten, wohingegen bei Stufe eins die Streifenwagen auf sich selbst angewiesen sind. Diese Stufen sind nicht übertragbar, das heißt, dass sie für jedes Auto individuell gesetzt werden und bei Verkauf oder als Gewinn aufgehoben werden.
Die Blacklist zeigt einem genau, bei welchem fahrerischen Niveau man sich einzuordnen hat. Auf ihr befinden sich die besten 15 Fahrer der Region. Man kann nacheinander gegen alle Fahrer der Blacklist antreten und ihnen ihren Platz streitig machen. Allerdings lassen sich die Fahrer, die den begehrten Platz bereits haben, nicht sofort auf ein Rennen ein, man muss sich erst einen Ruf schaffen, der ihresgleichen gerecht wird. Dies erreicht man, indem man sich bei der Polizei unbeliebt macht, an verschiedenen Stellen mit einer möglichst hohen Geschwindigkeit geblitzt wird und normale Rennen gewinnt.
Kam man in die Verlegenheit, gegen einen Fahrer der Blacklist anzutreten, darf man sich im Gewinnfall zweier Rennen zwei Boni aussuchen. Diese sind aufgegliedert in zufällige Gewinne (z. B. Gefängnis-Freikarten), einzigartige Leistungs-, Optik- und Teileupgrades. Was sich genau hinter den einzigartigen Upgrades verbirgt, wird zufällig festgelegt. Diese Boni können im Hinterzimmer eines Tuningshops eingelöst werden.
Es gibt zwei neue Rennmodi in Need For Speed: Most Wanted. Dies wären die Mautstellenrennen, in denen man durch Mautstellen auf dem Highway innerhalb einer bestimmten Zeit fahren muss, und die Blitzer-Rennen. Letztere benehmen sich etwas anders als konventionelle Renntypen. Sekundär ist, die Rennen zu gewinnen – man muss möglichst schnell durch die Blitzanlagen rauschen, die auf der Strecke verteilt sind. Es wird die Summe der Geschwindigkeiten ermittelt und danach wird bestimmt, wer nun gewinnt. Damit dieser Renntyp nun doch einen Reiz hat, wird allerdings Wert darauf gelegt, dass man zumindest zügig ins Ziel kommt. Ist der erste im Ziel, werden pro Sekunde, die man später kommt, 10 km/h subtrahiert von der Gesamtgeschwindigkeit.
Die anderen Rennmodi, wie man sie aus den Underground-Teilen kennt, blieben allerdings erhalten: Sprint, Rundkurs, Runden K.O., Drag.
Obwohl sich der Karriere-Modus nicht so sehr in die Länge zu ziehen scheint, wie es bei Need For Speed: Underground 2 der Fall war, kommt mit Most Wanted kaum Langeweile auf. Für etwas Abwechslung und das erforderliche Training beim Entkommen von Verfolgungsjagden sorgt der Herausforderungsmodus. In 68 Rennen darf man verschiedene Aufgaben („Meilensteine“) lösen, wie es sie im Karriere-Modus gibt, und anschließend die Polizei abhängen. Natürlich werden die Missionen nicht einfacher im Laufe der Zeit.
Hat man diese Missionen geschafft, stehen einem noch das Quick-Race zur Verfügung, der Online-Modus und das Netzwerkspiel. Der Unterschied zwischen dem Online-Modus und dem Netzwerkspiel liegt darin, dass das Netzwerkspiel im LAN gespielt werden kann, wohingegen der Online-Modus das Internet als Transportmittel zur Übertragung der Renndaten nutzt. Im Quick-Race kann man gegen den Computer mit selbst festgelegten Regeln fahren, wie man es bereits schon aus älteren Teilen kennt.
Beim Sound gibt es nichts zu beanstanden. Die Autos klingen echt und verändern beim Tunen ihren Klang. Die Musik zu Need for Speed: Most Wanted ist passend gewählt und setzt der so schon interessanten Atmosphäre eins drauf.
Die Synchronisation ist den Übersetzern ebenfalls gut gelungen, zumindest was die Fahrer auf der Blacklist und Mia angeht. Die Polizisten im Polizeifunk hingegen klingen weniger geeignet für den Job, woran man sich mit der Zeit allerdings gewöhnen kann, denn letztendlich sind deren Ansagen noch am informativsten.
Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft gibt es von EA eine neue Ausgabe der „Need for Speed“-Reihe. Wer das Spiel unter dem Weihnachtsbaum findet, dürfte nicht enttäuscht werden. Die Entwicklung des zehnten Teils hat sich gewaltig gelohnt und das Ergebnis darf sich sehen lassen. Es wurde ein guter Kompromiss gefunden, wie man die besten Elemente aus den beiden Hot-Pursuit- und Underground-Teilen vereinen und die weniger gelungenen Komponenten aufwerten kann. Die antreibende Kraft, in der Karriere weiter kommen zu wollen, ist nicht mehr, dass man dann bessere Autos und Tuningteile bekommt, sondern wirklich, dass man ja irgendwie den BMW wiederhaben möchte. Diesbezüglich bekommt das Spiel eine klare Kaufempfehlung.
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